Aktuelles

08.05.2023 10:37

BGH verneint die Haftung wegen Firmenfortführung beim Kauf aus der Insolvenz in Eigenverwaltung (Asset Deal)

Die Haftung des Käufers für Altverbindlichkeiten des Unternehmens ist auch bei einem Unternehmenskauf aus der Insolvenz in Eigenverwaltung ebenso wie bei einem Kauf aus der Fremdverwaltung im Regelinsolvenzverfahren ausgeschlossen.

Gemäß der Entscheidung des BGH vom 3. 12. 2019 (Az. II ZR 457/18) ist § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB auf den Erwerb eines Handelsgeschäfts aus der Insolvenz auch dann nicht anwendbar, wenn die Veräußerung nicht durch den Insolvenzverwalter, sondern durch den Schuldner in der Eigenverwaltung erfolgt.

Grundsätzliche Situation: Firmenfortführung als Haftungsrisiko

In der obigen Entscheidung wurde der in der Rechtspraxis häufig anzutreffende Unternehmenskauf aus der Insolvenz im Wege eines so genannten Asset Deals beleuchtet.

Das insolvente Unternehmen als Verkäuferin befand sich in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Bei der Eigenverwaltung ist kein Insolvenzverwalter eingesetzt, der die Insolvenzmasse und mithin auch das Unternehmen verwaltet und möglichst verwertet. In der Konstellation der Eigenverwaltung übernimmt die Geschäftsführung des Unternehmens diesen Part und wird dabei durch einen gerichtlich bestellten Sachwalter lediglich überwacht. Vertragspartner des Asset Deals sind somit das insolvente Unternehmen, vertreten durch die Geschäftsführung und die Käuferin.

Im vorliegenden Fall wurde das Unternehmen durch die Käuferin unter der ursprünglichen Firma fortgeführt.

Die Folge der Firmenkontinuität, die aus Reputationsgründen Anwendung fand, ist grundsätzlich eine haftungsrechtliche Kontinuität, da der Erwerber nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB für sämtliche durch den Betrieb des Handelsgeschäfts begründete Verbindlichkeiten des früheren Inhabers einstehen muss, wenn er das erworbene Handelsgeschäft unter der bisherigen Firmierung fortführt.

Ein gemäß § 25 Abs. 2 HGB möglicher Ausschuss der Haftung für Altverbindlichkeiten war hierbei weder in das Handelsregister eingetragen noch der Klägerin mitgeteilt worden.

Es stellte sich nun die Frage, ob ein Ausschluss der Haftung bei einem Unternehmenskauf aus einem Eigenverwaltungsverfahren ebenso möglich ist.

Der Kauf aus der Insolvenz in Form eines Asset Deals begründet für die Vertragsparteien umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten, da im Insolvenzverfahren bedeutende handels-, gesellschafts-, arbeits- und steuerrechtliche Regelungen nicht oder nur modifiziert anwendbar sind.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der h. M. in der Literatur findet insbesondere § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB bei einem Verkauf des Handelsgeschäfts durch den Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren keine Anwendung. Bis zu der Entscheidung des BGH gab es hierfür aber keine höchstrichterliche Entscheidung zur Übertragbarkeit dieser Konstellation auf den Kauf des Unternehmens auch aus der Insolvenz in Eigenverwaltung.

Das Urteil des LAG Hamm (Urteil vom 6. April 2016 – 2 Sa 1395/15) und die überwiegende Ansicht in der Literatur befürworten insoweit jedoch eine Gleichstellung von Fremd- und Eigenverwaltung. Eine abschließende Rechtssicherheit gab es aber für die an der Transaktion Beteiligten Parteien bis dato nicht.

Der BGH bejaht nunmehr die Unanwendbarkeit des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB auch für Konstellation des Unternehmenskaufs aus dem Verfahren der Eigenverwaltung.

Entgegen den Vorinstanzen verneint er -folgerichtig- eine Anwendbarkeit von § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB bei einem Kauf aus der Insolvenz im Eigenverwaltungsverfahren und befreit hierbei Unternehmenserwerber von der unkalkulierbaren Gefahr einer späteren Haftung für Alt-Schulden des Verkäufers.

Die Nichtanwendbarkeit dieser Regelung im Falle einer Veräußerung durch den Insolvenzverwalter folgt nach der Auffassung des BGH vor allem mit der Kernaufgabe des Insolvenzverwalters im Verfahren der Fremdverwaltung, das Unternehmen mit dem Ziel der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger im Ganzen zu veräußern. Eine Haftung des Erwerbers für Alt-Schulden würde die bestmögliche Verwertung des Unternehmens als Massegegenstand erheblich erschweren. Zudem spricht der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung für eine Unanwendbarkeit des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB, da andernfalls einzelne Insolvenzgläubiger eine systemwidrige Bevorzugung erhalten könnten.

In Anbetracht der Ausgestaltung des eröffneten Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung überträgt der BGH die vorstehenden Erwägungen zum Regelinsolvenzverfahren gerade auch auf den Kauf aus der Insolvenz in Eigenverwaltung. Die Rechtsstellung sowie der Pflichtenkreis des eigenverwaltenden Schuldners seien dem Insolvenzverwalteramt angeglichen, sodass Ersterer die Führung der Geschäfte ebenfalls an den Insolvenzzwecken und den Interessen der Gläubigergesamtheit ausrichten muss. Als Folge hiervon könne es dem weiterhin verfügungsberechtigten Schuldner obliegen, sein Handelsgeschäft im Interesse der Gläubiger an der bestmöglichen Verwertung der Masse im Ganzen zu veräußern.

Ebenso wie im Regelinsolvenzverfahren gelte es auch in der Eigenverwaltung, eine systemwidrige Bevorzugung einzelner Insolvenzgläubiger und eine Erschwerung der Unternehmensverwertung zu vermeiden. Wegen der drohenden Haftung der Geschäftsleiter analog §§ 60, 61 InsO und der Kontrolle der Geschäftsführung durch den Sachwalter führt die Unanwendbarkeit von § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB mit der Auffassung des BGH in der Eigenverwaltung auch nicht zu ungerechtfertigten Anreizen.

Hierdurch ergeben sich Folgen für die Praxis und die steuerliche Beurteilung:

Durch die Unanwendbarkeit des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB bei einem Firmenerwerb aus der Insolvenz in Eigenverwaltung hat der BGH ein bedeutendes Risiko für potentielle Erwerber ausgeschlossen und damit die Attraktivität eines Unternehmenskaufs aus der Insolvenz  (″Distressed M&A″) im Wege des Asset Deals bewahrt. Dem BGH ist darin zu folgen, dass die für das Regelinsolvenzverfahren angestellten Erwägungen aufgrund der Struktur des Eigenverwaltungsverfahrens auch auf dieses Verfahren übertragbar sind.

Der BGH setzt damit seine bisherige Rechtsprechung zu den Möglichkeiten und Grenzen einer Insolvenz in Eigenverwaltung fort. Im Sinne der Zielsetzung des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7. Dezember 2011 (ESUG) unterstützt das Urteil die mittlerweile erheblich praktische Bedeutung der Eigenverwaltung als Option der Verfahrensabwicklung.

Die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat schließlich auch Einfluss auf die Ausgestaltung des Asset Deal Vertrages, insbesondere auf steuerliche Regelungen, namentlich Freistellungen und oder Garantien sowie die Vereinbarung von Bedingungen im Fall des Abschlusses des Kaufvertrags vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Beim Erwerb aus dem eröffneten Insolvenzverfahren, unabhängig davon, ob Regelinsolvenz oder Eigenverwaltung in Betracht kommt, ist zumindest eine Haftung des Betriebsübernehmers für die betriebliche Steuern des Verkäufers nach § 75 AO nicht gegeben (vgl. § 75 Abs. 2 AO). Wegen dieser Entscheidung der BGH-Entscheidung fällt jetzt auch die Möglichkeit für das Finanzamt weg, einen Haftungsbescheid (§ 191 AO) auf die zivilrechtliche Regelung des § 25 HGB zu begründen.

04.05.2023 12:33

Treuhänder haftet wegen Auskehr des nach Restschuldbefreiung eingezogenen Neuerwerbs an die Gläubiger

BGH v. 16.3.2023 - IX ZR 150/22                    

 Wird dem Schuldner rechtskräftig vorzeitige Restschuldbefreiung erteilt, steht das Vermögen, das der Schuldner nach Eintritt der tatbestandlichen Voraussetzungen für die vorzeitige Restschuldbefreiung erwirbt, ihm auch dann zu, wenn das Insolvenzverfahren vor Erteilung der Restschuldbefreiung aufgehoben worden ist; diesen Neuerwerb hat der Treuhänder bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag des Schuldners weiter einzuziehen, für die Masse zu sichern und nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung an den Schuldner herauszugeben. Kehrt der Treuhänder den von ihm nach Eintritt der tatbestandlichen Voraussetzungen für die vorzeitige Restschuldbefreiung eingezogenen Neuerwerb an die Gläubiger aus statt ihn nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung an den Schuldner herauszugeben, so hat er insoweit persönlich dem Schuldner Schadensersatz zu leisten. 

03.05.2023 14:03

Ein Grundstückseigentümer in finanzieller Schieflage kann nach Entscheidung des BGH dem Rauswurf aus seinem Haus nicht dadurch entgehen, indem er sein Eigentum an Dritte überträgt und sich ein Wohnungsrecht daran bestellt.

Ein im Grundbuch eingetragenes Wohnungsrecht am zuvor eigenen Grundstück ist grd. pfändbar. Damit fällt es bei einer Insolvenz des Eigentümers in die Insolvenzmasse und kann vom Insolvenzverwalter gelöscht werden. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss (Beschl. v. 02.03.2023, Az. V ZB 64/21).  

Die Einrichtung eines Wohnungsrechts wird von manchen als Möglichkeit angesehen, um im Falle einer Insolvenz dem Rauswurf aus der Immobilie zu entgehen. Außerdem kann der Insolvenzverwalter die Immobilie dann deutlich schwerer veräußern, solange dort der bisherige Eigentümer wohnen darf.

Im vom BGH entschiedenen Fall hatte ein Mann das Eigentum an seinem Grundstück als Einlage an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) übertragen. Vorher jedoch bestellte er sich selbst ein Wohnungsrecht (§ 1093 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), mit der Bestimmung, dass die Ausübung des Wohnungsrechts dritten Personen nicht überlassen werden könne. 

Einige Monate später wurde über sein Vermögen die Insolvenz eröffnet. Der Insolvenzverwalter machte die Übertragung des Grundstücks im Wege der Insolvenzanfechtung rückgängig, so dass der Mann wieder zum Eigentümer der Immobile wurde. Im Anschluss daran beantragte er die Löschung des Wohnungsrechts. 

Nach erfolglosem vorinstanzlichen Vorgehen des Mannes entschied nun der BGH: Grundsätzlich sei das Wohnungsrecht als Sonderfall der beschränkte persönlichen Dienstbarkeit zwar nicht übertragbar und damit auch nicht pfändbar. Etwas anderes gelte jedoch, wenn das Eigentum und das Wohnungsrecht der gleichen Person zustehen. Eine solche Personenidentität lag hier vor, nachdem das Eigentum an dem Grundstück auf den Mann zurückübertragen wurde. Das dadurch entstandene Eigentümerwohnungsrecht ist dadurch nach Ansicht des BGH pfändbar. 

So entschied es der BGH bereits im Jahr 1964 und hielt auch nun fast 60 Jahre später hieran fest. Spätestens jetzt dürfte also klar sein: Wer in finanzielle Schieflage gerät, kann seinen Besitz an den vier Wänden nicht dadurch retten, dass er eine Eigentumsübertragung des Hauses mit der Einräumung eines Wohnungsrechts kombiniert. 

Ein Grundstückseigentümer in finanzieller Schieflage kann nach Entscheidung des BGH dem Rauswurf aus seinem Haus nicht dadurch entgehen, indem er sein Eigentum an Dritte überträgt und sich ein Wohnungsrecht daran bestellt.

Ein im Grundbuch eingetragenes Wohnungsrecht am zuvor eigenen Grundstück ist grd. pfändbar. Damit fällt es bei einer Insolvenz des Eigentümers in die Insolvenzmasse und kann vom Insolvenzverwalter gelöscht werden. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss (Beschl. v. 02.03.2023, Az. V ZB 64/21).  

Die Einrichtung eines Wohnungsrechts wird von manchen als Möglichkeit angesehen, um im Falle einer Insolvenz dem Rauswurf aus der Immobilie zu entgehen. Außerdem kann der Insolvenzverwalter die Immobilie dann deutlich schwerer veräußern, solange dort der bisherige Eigentümer wohnen darf.

Im vom BGH entschiedenen Fall hatte ein Mann das Eigentum an seinem Grundstück als Einlage an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) übertragen. Vorher jedoch bestellte er sich selbst ein Wohnungsrecht (§ 1093 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), mit der Bestimmung, dass die Ausübung des Wohnungsrechts dritten Personen nicht überlassen werden könne. 

Einige Monate später wurde über sein Vermögen die Insolvenz eröffnet. Der Insolvenzverwalter machte die Übertragung des Grundstücks im Wege der Insolvenzanfechtung rückgängig, so dass der Mann wieder zum Eigentümer der Immobile wurde. Im Anschluss daran beantragte er die Löschung des Wohnungsrechts. 

Nach erfolglosem vorinstanzlichen Vorgehen des Mannes entschied nun der BGH: Grundsätzlich sei das Wohnungsrecht als Sonderfall der beschränkte persönlichen Dienstbarkeit zwar nicht übertragbar und damit auch nicht pfändbar. Etwas anderes gelte jedoch, wenn das Eigentum und das Wohnungsrecht der gleichen Person zustehen. Eine solche Personenidentität lag hier vor, nachdem das Eigentum an dem Grundstück auf den Mann zurückübertragen wurde. Das dadurch entstandene Eigentümerwohnungsrecht ist dadurch nach Ansicht des BGH pfändbar. 

So entschied es der BGH bereits im Jahr 1964 und hielt auch nun fast 60 Jahre später hieran fest. Spätestens jetzt dürfte also klar sein: Wer in finanzielle Schieflage gerät, kann seinen Besitz an den vier Wänden nicht dadurch retten, dass er eine Eigentumsübertragung des Hauses mit der Einräumung eines Wohnungsrechts kombiniert. 

BAG zur Unpfändbarkeit einer Corona-Sonderzahlung

Eine gezahlte Corona-Prämie ist als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar. Daher darf die Küchenhilfe, die eine Sonderzahlung von 400,00 Euro erhielt, diese trotz eröffnetem Insolvenzverfahren behalten.

 Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über die Pfändbarkeit einer – vom Arbeitgeber freiwillig gewährten – Corona-Bonuszahlung während eines laufenden Insolvenzverfahrens zu entscheiden (Az. 8 AZR 14/22). Nach Ansicht des BAG ist eine Corona-Prämie unter bestimmten Bedingungen kein pfändbares Einkommen.

Der Arbeitgeber zahlte einer angestellten Küchenhilfe und Tresenkraft, die im Jahre 2015 Privatinsolvenz angemeldet hatte, zusätzlich zu ihrem Lohn ein Betrag von 400 Euro. Die zuständige Insolvenzverwalterin war der Meinung, dass zumindest ein Teil der Prämie pfändbar sei. Für den Monat September 2020 errechnete sie daher aus dem Monatslohn sowie der Corona-Prämie einen Betrag iHv. 1.440,47 Euro als pfändungsrelevanten Nettoverdienst. Sie forderte den Arbeitgeber erfolglos zur Zahlung des pfändbaren Betrags in Höhe von netto 182,99 Euro auf.

Die Insolvenzverwalterin war der Meinung, dass anders als im Pflegebereich, wo der Gesetzgeber in § 150a Abs. 8 Satz 4 SGBXI ausdrücklich die Unpfändbarkeit der Corona-Prämie bestimmt habe, für eine Sonderzahlung wie hier keine Regelung über eine Unpfändbarkeit existiere. Der Gesetzgeber habe insoweit lediglich bestimmt, dass die Zahlung bis zu einer Höhe von 1.500,00 Euro steuer- und abgabenfrei sei.

Corona-Prämie ist kein pfändbares Einkommen

Nachdem die Insolvenzverwalterin bereits in den Vorinstanzen scheiterte, wies nun auch das BAG die Klage ab. Die Corona-Prämie gehöre nach § 850a Nr. 3 ZPO nicht zum pfändbaren Einkommen der Schuldnerin, so das BAG.

Nach § 850a Nr. 3 ZPO sind Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen, unpfändbar.

Der Gaststättenbetreiber habe mit der Leistung eine bei der Küchenkraft tatsächlich gegebene Erschwernis kompensieren wollen, so das BAG. Die gezahlte Corona-Prämie übersteige darüber hinaus auch nicht den Rahmen des Üblichen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO.

Mitgliedsbeiträge im Fitnessstudio während Corona

Betreiber von Fitnessstudios sind verpflichtet diejenigen Mitgliedsbeiträge zurückzuzahlen, die sie in der Zeit der durch Corona bedingten Schließungen von Kunden per Lastschrift eingezogen haben. Dies wurde vom XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden (Urt. v. 04.05.2022, Az. XII ZR 64/21).

Dem Urteil des BGH liegt folgender Fall zugrunde

Wegen der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste eine Betreiberin das Fitnessstudio für ca. drei Monate schließen müssen. Die monatlichen Mitgliedsbeiträge für diesen Zeitraum wurden jedoch weiter vom Konto der Kunden eingezogen. Ein Kunde hatte daraufhin schriftlich die Kündigung des Vertrages erklär. Die Betreiberin akzeptierte die Kündigung. Nachdem aber die geforderte Rückzahlung der eingezogenen Beiträge nicht erfolgt war, hatte der Kunde die Betreiberin aufgefordert ihm einen Wertgutschein zu überlassen. Die Betreiberin hatte ihm aber lediglich eine "Gutschrift über Trainingszeit" für den Zeitraum in der das Studio geschlossen war, angeboten. Dieses Angebot nahm der Kunde nicht an und machte seine Ansprüche gerichtlich geltend.

In der erste Instanz vor dem AG (Amtsgericht) Papenburg, wurd die Fitnessstudiobetreiberin zur Rückzahlung der Monatsbeiträge für den Zeitraum der Schließung des Studios verurteilt. Die eingelegte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts hatte vor dem LG (Landgericht) Osnabrück keinen Erfolg.

Der BGH hat die Rechtsauffassung der Vorinstanzen bestätigt. Der Rückzahlungsanspruch des Kunden gemäß §§ 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 346 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) des Kunden wurde bejaht. Dem Anspruch könne die Betreiberin auch nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage entsprechend anzupassen.

Die Rechtliche Unmöglichkeit schließt hier eine Vertragsanpassung aus

In dem Fall liege, so die Ausführungen des BGH, rechtliche Unmöglichkeit vor. Wegen der Corona-Maßnahmen war es der Betreiberin rechtlich unmöglich, dem Kunden Nutzung des Fitnessstudios zu ermöglichen und mithin ihre vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht zu erfüllen. Hier sei eine nur vorübergehende Unmöglichkeit nicht anzunehmen, was draus folge, dass die Leistung nicht mehr nachholbar ist. Der Sinn und Zweck eines Fitnessstudiovertrags besteht gerade in der regelmäßigen sportlichen Betätigung. Daher sei gerade eine regelmäßige und auch ganzjährige Öffnung des Studios von entscheidender Bedeutung. Ist es dem Betreiber des Fitnessstudios während der Vertragslaufzeit nicht möglich, die Nutzung des Studios durchgängig zu gewähren, z. B. wegen hoheitlicher Maßnahmen, kann der Vertragszweck für den Zeitraum der Schließung objektiv nicht erreicht werden.

Der BGH lehnt auch die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung ab. Die Betreiberin könne dem Rückzahlungsanspruch nicht entgegenhalten kann, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen mit der Folge, dass sich die Vertragslaufzeit verlängere. Diese Auffassung verkenne gerade das Konkurrenzverhältnis zwischen § 275 Abs. 1 BGB und § 313 BGB. Eine Vertragsanpassung an die tatsächlichen Umstände komme dann nicht in Betracht, wenn die Vorschriften über die Unmöglichkeit greifen.

Erben in der Insolvenz

Darf ein Schuldner während des Insolvenzverfahrens eine Erbschaft ausschlagen?

Der Schuldner darf die Erbschaft ausschlagen. Dies folgt aus § 83 der Insolvenzordnung (InsO). Hiernach steht es dem Schuldner sowohl vor als auch nach Eröffnung seines Insolvenzverfahrens frei, eine Erbschaft anzunehmen oder eben auch nicht. Gleiches gilt während der sog. Wohlverhaltensphase. Schlägt der Schuldner die Erbschaft aus, fällt diese an den nächsten Erben nach der gesetzlichen Erbfolge.

Was passiert mit der Erbschaft in der Insolvenz?

Hierbei kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Erbschaft anfällt. Im laufenden Insolvenzverfahren fällt die gesamte Erbschaft in die Insolvenzmasse. Tritt der Erbfall während der sich an das eröffnete Insolvenzverfahren anschließenden Wohlverhaltensphase ein, muss der Schuldner 50% der Erbschaft an den Treuhänder abtreten. Die andere Hälfte darf der Schuldner behalten.

Wenn der Schuldner die Erbschaft vor dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder geheim hält verstößt er damit gegen seine Obliegenheitspflicht, Auskunft über das Vermögen und Einkünfte zu erteilen. Dies kann und wird i. d. R. zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.

Kein Informationsanspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt

 Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass ein Insolvenzverwalter gegen das Finanzamt keinen Informationsanspruch hinsichtlich der steuerlichen Verhältnisse von Insolvenzschuldnern hat (Urt. v. 25.02.2022, Az. 10 C 4.20 und 10 C 7.21).

Ein Insolvenzverwalter hatte auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Landes NRW vom Finanzamt steuerliche Auskünfte angefordert. Dabei ging es um die Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen im Hinblick auf zwei insolvente Gesellschaften. Das Finanzamt lehnte einen solchen Anspruch des Verwalters mit Verweis auf das Steuergeheimniss ab. Vor dem Verwaltungsgericht Köln sowie vor dem OVG Münster hatte der Insolvenzverwalter Erfolg. Beide Instanzen verneinten eine Verletzung des Steuergeheimnisses. 

Während des sich anschließenden Revisionsverfahrens wurde mit dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auch die Abgabenordnung (AO) geändert. Aus den dortigen Änderungen ergaben sich dann auch entsprechende Ausschlussgründe grundsätzlich bestehende Informationsansprüche. 

Nach Auffassung BVerwG seien die Finanzbehörden jetzt neben zivilrechtlichen Auskunftsansprüchen solchen Informationsansprüchen nicht mehr ausgesetzt, welche sich aus dem Recht der Informationsfreiheit oder nach dem europäischen Datenschutz ergeben. Letzteres gelte besonders für natürliche Personen, also auch für einen Insolvenzverwalter.

Durch unionsrechtliche Implikationen wurde der Fall vom BVerwG dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Dieser erklärte sich allerdings für nicht zuständig, weil es nicht um Auskünfte zu juristischen Personen gehe. 

Der 10. Senat des BVerwG hat jetzt entschieden, dass ein solcher Anspruch für den Insolvenzverwalter nicht besteht. Dies sei Folge der Änderung der AO in Verbindung mit der DSGVO (§ 32e; § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. e und j DS-GVO). Die Vorschriften der DSGVO dienten nach Ansicht des BVerwG dem Schutz wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses, so etwa im Steuerbereich, und der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche.

Weniger Regelinsolvenzen, mehr Privatinsolvenzen


Die staatlichen Corona-Hilfen haben die Zahl der Firmeninsolvenzen bislang niedrig gehalten. Eine Gesetzesänderung sorgte jedoch im ersten Halbjahr 2021 für verstärkte Vorsprache insolventer Privatpersonen bei den Amtsgerichten.

Weniger Firmeninsolvenzen, aber mehr zahlungsunfähige Privatleute-. Die Zahl der Firmeninsolvenzen ist von Januar bis Juni 2021 deutschlandweit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,7 Prozent auf geschätzte 8800 Fälle gesunken. Dies berichtete die Auskunftei Creditreform am Dienstag. Die Zahl der Privatinsolvenzen sei dagegen um fast 63 Prozent auf 46.000 Fälle gestiegen und habe die Gesamtzahl der Insolvenzen auf den höchsten Halbjahreswert seit 2014 getrieben.

Grund für den Anstieg der Privatinsolvenzen sei eine Reform des Verbraucherinsolvenzrechts, die Privatpersonen eine schnellere Restschuldbefreiung nach nunmehr drei statt bisher nach sechs Jahren ermöglicht. Seit Jahresbeginn 2021 sei es deshalb zu einem Ansturm auf die Amtsgerichte gekommen. Die Corona-Krise habe dagegen eine vergleichsweise geringe Rolle beim Anstieg der Privatinsolvenzen gespielt.

"Bei der Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen wirken weiterhin die staatlichen Corona-Hilfsmaßnahmen nach - insbesondere die Aufhebung der Insolvenzantragspflicht, die bis Ende April galt", kommentierte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, die Zahlen. Die Wiedereinführung der Insolvenzantragspflicht mache sich bislang in der Statistik noch nicht bemerkbar.

Restschuldbefreiung: Gesetz zur Verkürzung auf drei Jahre in Kraft

Nach mehr als einem Jahr und verschiedenen Gesetzesentwürfen wurde das "Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht” am 17. Dezember 2020 im Bundestag beschlossen und am 30. Dezember 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Damit verkürzt sich die Laufzeit bis zu einer Restschuldbefreiung für Verbraucher, Selbständige und Einzelunternehmer auf drei Jahre. Dies gilt rückwirkend für Insolvenzverfahren, die seit dem 1. Oktober 2020 beantragt worden sind. Es wurden praxisnahe Übergangsregelungen geschaffen

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Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde verlängert

Bislang bis 30. September 2020 befristete gesetzliche Regelung wurde mit inhaltlichen Einschränkungen bis 31. Dezember 2020 verlängert.

Mit dem im März verkündeten Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht sind Vorschriften zur Aussetzung der Insolvenzantragspflichten in Kraft getreten.

Das Gesetz beinhaltete im Bereich des Insolvenzrechts fünf Maßnahmen:

Die haftungsbewehrte und teilweise auch strafbewehrte dreiwöchige Insolvenzantragspflicht ist vorübergehend bis zum 31. Dezember 2020 ausgesetzt worden. Dies gilt nur für Fälle, in denen die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht. Zudem soll erforderlich sein, dass Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen. Antragspflichtige Unternehmen sollen die Gelegenheit erhalten, ein Insolvenzverfahren durch Inanspruchnahme staatlicher Hilfen, gegebenenfalls aber auch im Zuge von Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarungen, abzuwenden.

Geschäftsleiter haften während der Aussetzung der Insolvenzantragspflichten nur eingeschränkt für Zahlungen, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife des Unternehmens vornehmen.

Während der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht an von der COVID19-Pandemie betroffene Unternehmen gewährte neue Kredite sind nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen.

Während der Aussetzung erfolgende Leistungen an Vertragspartner sind nur eingeschränkt anfechtbar.

Die Möglichkeit von Gläubigern, durch Insolvenzanträge Insolvenzverfahren zu erzwingen, ist für drei Monate eingeschränkt worden.

Durch die Regelungen soll den von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie betroffenen Unternehmen Zeit für die Sanierungsbemühungen und Verhandlungen mit ihren Gläubigern verschafft werden. Die Vorschriften greifen damit flankierend zu den umfassenden staatlichen Hilfsprogrammen.

Die von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte und von der Bundesregierung beschlossene Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen für einen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einzubringenden Gesetzentwurf zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes (COVInsAG) wurde beschlossen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde damit bis zum 31. Dezember 2020 verlängert, dies aber nur für Unternehmen, die überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind.

Die Verlängerung umfasst auch die oben genannten, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht flankierenden weiteren Maßnahmen mit Ausnahme der Einschränkungen der Möglichkeit von Gläubigern, durch Insolvenzanträge Insolvenzverfahren zu erzwingen; diese sind bereits Ende Juni ausgelaufen.

Quelle: BMJV

Selbständige mit freigegebenem Betrieb sind nicht zur Offenlegung von Gewinnen im Insolvenzverfahren verpflichtet.

 

Der Bundesgerichtshof hat Selbständige und Freiberufler, die Ihren Geschäftsbetrieb in der Insolvenz in Eigenregie führen und sanieren, den Rücken gestärkt: Zwar sind diese verpflichtet, dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht diejenigen Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, welches Einkommen bei einer abhängigen Beschäftigung erzielt werden könnte. Dies gilt Auskünfte im Hinblick auf Ausbildung und berufliche Erfahrungen in der Vergangenheit aber auch Auskünfte zur Branche, Größe des Unternehmens, Zahl der Angestellten und erzieltem Umsatz. Eine Verpflichtung, zu offenbaren, was im Rahmen der freigegebenen selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit tatsächlich als Gewinn erwirtschaftet wird, besteht hingegen nicht. Insolvenzschuldner mit freigegebenem Gewerbe werden ungeachtet dessen von Insolvenzverwaltern regelmäßig aufgefordert, ihre Gewinnermittlungen mitzuteilen und nachzuweisen.

Der Bundesgerichtshof hat diesbezüglich klargestellt, dass dies nicht rechtmäßig ist. In seiner Entscheidung (IX ZB 165/11) führt er aus:

In der Wohlverhaltensphase hat der selbständig tätige Schuldner auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, aus denen die ihm mögliche abhängige Tätigkeit bestimmt und das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen ermittelt werden kann, nicht jedoch Auskünfte über etwaige Gewinne aus seiner selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit.

Verlangt ein Gericht eine solche – nicht durch § 295 Abs.1 Nr. 3 InsO gedeckte – Auskunft, begründen die Nichterteilung der Auskunft, eine unvollständige oder verspätete Auskunft grundsätzlich keine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO oder nach § 296 Abs. 2 Satz 3 Fall 1 InsO.

Die Entscheidung erfolgte vor diesem Hintergrund:

Stellt ein Selbständiger einen Eigenantrag auf Durchführung des Insolvenzverfahrens nebst Restschuldbefreiungsantrag und kommt es daraufhin zu einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dann ist sowohl das private als auch das geschäftliche Vermögen des Selbständigen vom Insolvenzbeschlag erfasst und gehört zur Insolvenzmasse, die durch den Insolvenzverwalter verwertet wird. Der Insolvenzverwalter hat damit auch ein Zugriffsrecht auf den Neuerwerb des Unternehmens, also auf die während der Fortführung des Gewerbebetriebes in dem Insolvenzverfahren erwirtschafteten Einnahmen (vgl. § 35 Abs. 1, 2. Variante InsO). Nun ist die Fortführung eines Gewerbebetriebs für einen Insolvenzverwalter immer mit dem erheblichen Risiko behaftet, dass die noch bestehenden Vermögenswerte des Schuldners durch die laufenden Kosten der selbständigen Tätigkeit verbraucht werden. Daher hat der Gesetzgeber bereits im Juli 2007 zur Verhinderung einer Gefährdung der Masse die Möglichkeit für den Insolvenzverwalter geschaffen, selbständige Tätigkeiten von Insolvenzschuldnern aus der Insolvenzmasse freizugeben. Gleichzeitig war es Ziel des Gesetzgebers, die Selbständigkeit von Insolvenzschuldnern zu fördern. Seither wird von Insolvenzverwaltern von der Möglichkeit der Freigabe in der ganz überwiegenden Zahl der Einzelunternehmer-Insolvenzen Gebrauch gemacht. Durch diese Freigabeerklärung wird der Schuldner mit seinem Gewerbebetrieb aus dem Insolvenzbeschlag entlassen und bekommt die Verfügungsbefugnis bei der Sanierung seines Betriebes von dem Insolvenzverwalter zurückübertragen.

Die Freigabe erfasst sämtlichen Neuerwerb, also alle Einnahmen, die der Schuldner nach der Freigabe aus seiner selbständigen Tätigkeit erwirtschaftet. Ebenfalls hat der Schuldner danach freien Zugriff auf alle Gegenstände, die nach den Regeln des § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO i. V. m. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zur Fortsetzung der selbständigen Tätigkeit erforderlich sind. Hierzu zählt die notwendige Betriebs- und Geschäftsausstattung, regelmäßig jedoch nicht der noch vorhandenen Warenvorrat. In der Regel ist es allerdings möglich, sich hinsichtlich der Warenvorräte mit dem Insolvenzverwalter auf einen günstigen Erwerb aus der Insolvenzmasse zu einigen. Offene Forderungen gegen Kunden, die bereits vor der Freigabe bestanden haben, verbleiben auch nach der Freigabe als Vermögenswerte bei der Insolvenzmasse, ebenso wie Sachen und Rechte, die nicht zwingend für die Fortsetzung der selbständigen Tätigkeit erforderlich sind. Für den selbständigen Schuldner ist es regelmäßig aber tragbar, dass sein Bestand an Altforderungen und sonstigen nicht betriebsnotwendigen Vermögenswerten bei der Insolvenzmasse verbleibt, nachdem der Insolvenzverwalter das Gewerbe aus der Insolvenzmasse freigegeben hat. Immerhin verliert der Schuldner in der Insolvenz faktisch auch alle bestehenden Schulden aus dem privatem oder geschäftlichem Bereich. Formell bleiben die gegen den Schuldner gerichteten Forderungen zwar zunächst bestehen. Die Gläubiger dürfen die Forderungen jedoch nur nach den Vorgaben der Insolvenzordnung (Anmeldung zur Insolvenztabelle, §§ 87, 174 InsO) geltend machen. Zusätzlich wird das von der Freigabe erfasste Betriebsvermögen durch das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO sowie durch das in der Restschuldbefreiungsphase geltende Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO vor Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen der Altgläubiger geschützt.

Die Freigabe des Geschäftsbetriebes hat jedoch Pflicht des selbständigen Schuldners zur Folge, dessen Gläubiger durch Zahlungen an den Insolvenzverwalter bzw. den Treuhänder so zu stellen, als wäre er ein angemessenes unselbständiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Es ist also zu ermitteln, was beim Schuldner, wäre dieser mit seiner Qualifikation unselbständig beschäftigt, pfändbar wäre. Diese Regel gilt nicht erst in der Restschuldbefreiungsphase, sondern bereits im eröffneten Insolvenzverfahren nach einer Freigabe des Geschäftsbetriebes des Schuldners (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 295 Abs. 2 InsO entsprechend). Entscheidend für den Schuldner dabei, wie die an den Insolvenzverwalter oder Treuhänder zu leistenden Zahlungen tatsächlich zu bemessen sind.

Dabei ist Maßstab das, was vom Schuldner aufgrund seiner persönlichen Lebensumstände wie z. B. Zahl der Unterhaltspflichten, ggfs. Kindererziehung, Berufserfahrung, berufliche Qualifikation usw. als monatliches Netto-Erwerbseinkommen auf dem Arbeitsmarkt erzielt werden könnte. Der pfändbare Betrag ist dann entsprechend der aktuellen Pfändungstabelle zu ermitteln.

Um dem Gericht die Möglichkeit der Überprüfung zu eröffnen, ob der Schuldner bei der Festlegung dieses Betrages keine Fehler gemacht hat, kann es beim Schuldner die dazu erforderlichen Informationen. Das Gericht kann aber nicht verlangen, dass der Schuldner die Gewinne aus seiner aktuellen selbständigen Tätigkeit offenlegt, dies stellt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung klar.

Abfindungsforderung im Insolvenzfall

Mit Urteil vom 28.01.2020 hat der Bundesgerichtshof (Az. II ZR 10/19) die jetzt kontovers diskutierte Frage entschieden, inwieweit bei der insolvenzrechtlichen Einordnung des Anspruches auf Zahlung einer Abfindung des bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeschiedenen Gesellschafters haftungs- bzw. kapitalerhaltungsrechtliche Bindungen Berücksichtigung finden.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Kommanditist einer GmbH & Co. KG war als Gesellschafter ausgeschieden, bevor über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Diesem stand bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft ein Abfindungsanspruch gegen die GmbH & Co. KG zu. Den Abfindungsanspruch wollte er als einfache Insolvenzforderung nach § 38 InsO zur Tabelle fesgestellen lassen.

Der BGH hat ihn dazu auf die Schlussverteilung verwiesen. Bei der Auszahlung eines Abfindungsguthabens eines Kommanditisten einer GmbH & Co. KG sei § 30 Abs. 1 GmbHG zu beachten, da die Zahlung mittelbar das Stammkapital der Komplementär-GmbH betreffe. Unzulässig sei eine solche Auszahlung, wenn hierdurch das Vermögen der GmbH unter deren Stammkapitalziffer sinkt oder eine bilanzielle Überschuldung ausgeweitet wird. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben. Darauf, dass der Gläubiger des Abfindungsanspruchs nicht mehr Gesellschafter war, kam es nicht an. Das  Ergebnis war, dass die Forderung weder als einfache, noch als nachrangige Insolvenzforderung zur Tabelle festgestellt werden konnte. Der Kläger wurde auf die Schlussverteilung nach § 199 InsO verwiesen.

BGH-Urteil im Dieselskandal

Für Zehntausende Diesel-Fahrer ist nun der Weg für Schadenersatzansprüche gegen die Volkswagen AG eröffnet. In seinem ersten Urteil zum VW-Abgasskandal stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 25.05.2020 fest, dass klagende Käufer ihr Auto zurückgeben und das den Kaufpreis unter Anrechnung der gefahrenen Kilometer zurückfordern können (Az. VI ZR 252/19)

Das oberste Zivilgericht bestätigt mit seiner Entscheidung ein käuferfreundliches Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Es hatte den Volkswagen-Konzern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verpflichtet, einem Käufer eines gebrauchten VW Typ Sharan gut 25.600 Euro zzgl. Zinsen zu erstatten. Der Mann hatte vorgetragen, dass er der Werbung  von VW vertraut und geglaubt hatte, ein "sauberes" Fahrzeug zu kaufen

Derzeit sind schätzungsweise 60.000 Verfahren bei verschiedenen Gerichten anhängig

Der Skandal um die illegale Abgasmanipulation in mehreren Millionen VW-Fahrzeugen war im Herbst 2015 ans Licht gekommen. Damals stellte sich heraus, dass die Stickoxid-Emissionen des Motorentyps EA189 im Praxisbetrieb deutlich höher waren, als bei Tests auf dem Prüfstand.. Dies erreichte VW durch eine Software, die die volle Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand aktivierte. Im Fahrbetrieb war dies dann nicht der Fall.

Gegen das Koblenzer Urteil hatten sowohl der Kläger als auch die Beklagte Revision eingelegt. Der Kläger hatte im Jahr 2014 ca. 31.500 Euro für das Auto bezahlt und wollte den vollen Kaufpreis zurückerstattet bekommen. VW lehnte jegliche Zahlung ab.. Der Konzern hatte dabei argumentiert, die Autos seien jederzeit voll nutzbar gewesen. Den Kunden sei mithin kein Schaden entstanden.

Das BGH-Urteil bedeutet für viele dieser Fälle eine wichtige Richtungsvorgabe. Trotz allem sind noch immer viele Rechtsfragen ungeklärt. Die Karlsruher Richter haben für Juli 2020 bereits weitere Verhandlungen zu anderen Fällen des Dieselskandals angesetzt, weitere werden folgen.

VW kündigte an, den verbleibenden Klägern Einmalzahlungen anzubieten. Man werde mit entsprechenden Vorschlägen auf die Kunden zugehen, erklärte der Konzern. Einmalzahlungen seien eine "pragmatische und einfache Lösung". Die Höhe der Angebote hänge vom Einzelfall ab. VW bezeichnete die Karlsruher Entscheidung als "Schlusspunkt".

Auf den im Rahmen einer Musterfeststellungsklage ausgehandelten Vergleich, den so VW inzwischen rund 240.000 Diesel-Fahrer akzeptiert haben, hat das Urteil jedoch keine Auswirkungen mehr.

Entscheidung des EuGHs vom 26.03.2020 zur Widerrufsbelehrung bei Verbraucherdarlehen

Nun steht die nächste Prozessflut von Verfahren hinsichtlich der Widerrufsbelehrung an. Und das könnte erhebliche Auswirkungen auf die Bankenbranche haben.

In aktuellen Zeitungsartikeln wird von einem betroffenen Kreditvolumen von 1,5 Billionen Euro an Baukrediten und Autofinanzierungen gesprochen.

Ausgelöst wird dies durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 26. März 2020 (Aktenzeichen C-66/19).

In diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine im Bankenmarkt übliche Widerrufsbelehrung bei Kreditverträgen den Verbraucher nicht „klar“ und „prägnant“ über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt hat. Damit begann die Widerrufsfrist nicht zu laufen und der Verbraucher kann jetzt noch den Darlehensvertrag widerrufen. Interessant wird dies für den Verbraucher, wenn er eine Finanzierung zu schlechten oder zumindest schlechteren, als den aktuellen niedrigen Zinsen abgeschlossen hat.

Dabei handelte es sich nicht nur um irgendeine Widerrufsbelehrung, sondern um diejenige Widerrufsbelehrung, die zumindest für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge vom 13. Juni 2014 bis 20. März 2016 als Musterwiderrufsinformation gültig war und entsprechend von den Banken verwendet wurde.

Der Fall ging von Saarlouis über Saarbrücken nach Luxemburg

Zusammenfassend stellt sich der zugrunde liegende Fall wie folgt dar:

Die Kreissparkasse Saarlouis schloss im Jahr 2012 mit einem Verbraucher einen Darlehensvertrag über EUR 100.000 mit einem bis zum 30. November 2021 festgeschriebenen Zinssatz von 3,61 % p. a.. Der Kredit wurde durch Grundpfandrechte gesichert. Die Belehrung des Kunden über sein Widerrufsrecht erfolgte mit der „üblichen“ Widerrufsbelehrung.

Am 30. Januar 2016 erklärte der Kunde dann den Widerruf des Darlehensvertrages.

Nach dem Widerruf reichte der Darlehensnehmer Klage beim Landgericht Saarbrücken ein, gerichtet auf Feststellung, dass, kurz gefasst, der Kreissparkasse Saarlouis kein Anspruch auf den vertraglich vereinbarten Zins und auch nicht auf die vertragsgemäße Tilgung seit Ausübung des Widerrufsrechts zusteht.

Das Landgericht Saarbrücken war sich nicht sicher, wie die Regelungen hinsichtlich der Widerrufsbelehrung europarechtlich auszulegen sind. Es setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH am 17. Januar 2019 mehrere Fragen zur Klärung vor. Damit stellte das Landgericht Saarbrücken gegen die derzeitige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Frage.

Der entscheidende Streitpunkt war der sogenannte „Kaskadenverweis“.

Hierbei ging es darum, ob ein sogenannter Kaskadenverweis den europarechtlichen Anforderungen genügt.

Nun stellt sich die Frage, was ein Kaskadenverweis ist.

Die Kreissparkasse Saarlouis belehrte den Kunden über sein gesetzliches Widerrufsrechtmit folgender Widerrufsbelehrung:

„Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.

Die Widerrufsbelehrung wiederum verweist für den Beginn der Frist auf Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB.

Der Wortlaut der Norm lautet wie folgt:

„Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.“

Das Problem, das hierbei entsteht ist, dass die verwendete Widerrufsbelehrung auf ein Gesetz (BGB) verweist, dieses wiederum auf ein anderes Gesetz (EGBGB) verweist. Hierbei handelt es sich um einen sogenannten Kaskadenverweis. Für den Verbraucher ist dies undurchsichtig und unklar.

In Artikel 247 §§ 6 bis 13 EGBGB sind eine Vielzahl von Pflichtangaben enthalten, wie Name und Anschrift des Darlehensgebers, Art des Darlehens, effektiver Jahreszins etc. Insgesamt sind es, abhängig von der Art des Darlehens, ca. 20 Angaben.

Der Bundesgerichtshof hatte 2016 den Kaskadenverweis in Widerrufsbelehrungen für zulässig erklärt.

Der Kaskadenverweis war bzw. ist daher in den jeweiligen Musterwiderrufsinformationen für Verbraucherdarlehen enthalten, mit der Folge, dass eine riesige Anzahl von Verträgen durch die aktuelle Rechtsprechung des EuGH betroffen ist.

Jetzt stellt sich die Frage, was unter Musterwiderrufsinformationen zu verstehen ist.

Der deutsche Gesetzgeber hat Musterinformationen erlassen, um den Banken die Erstellung von Widerrufsbelehrungen zu erleichtern. Bisher galt damit, dass wenn die jeweilige Bank diese Musterinformationen für die von Ihr verwendeten Widerrufserklärungen berücksichtigt, sie die alle Anforderungen an eine wirksame Widerrufsbelehrung erfüllt hatte. Mithin haben sich sämtliche Banken an diesen Musterwiderrufsinformationen orientiert.

Dabei  gibt es zwei Arten von Musterwiderrufsinformationen:

  1.  Musterwiderrufsinformationen für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge

   2. Musterwiderrufsinformationen für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge

Die Musterwiderrufsinformationen werden laufend geändert und aktualisiert.

Einen Kaskadenverweis enthielten die Musterwiderrufsinformationen für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge vom 30. Juli 2010 bis 20. März 2016.

Seit dem 21. März 2016 war der Kaskadenverweis entfallen.

Die aktuell gültigen Musterwiderrufsinformationen für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge enthalten wiederum ebenfalls einen Kaskadenverweis.

Der EuGH stellt sich gegen Kaskadenverweis.

Nach europäischem Recht muss eine Widerrufsbelehrung in „klarer und prägnanter Form“ angeben, ob ein Widerrufsrecht besteht, und zudem Angaben bezüglich der Frist und weiteren anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher enthalten.

Die Widerrufsbelehrung muss sich daran messen lassen, ob die Information klar und prägnant ist.

Aus der Entscheidung des EuGH kristallisieren sich zwei Aussagen heraus:

1.        Die Widerrufsbelehrung muss auch über die vorgesehenen Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist in klarer und prägnanter Form informieren.

2.        Der Kaskadenverweis in der Widerrufsbelehrung erfüllt nicht die Anforderungen an eine klare und prägnante Information für die Berechnung der Widerrufsfrist. Möchte der Verbraucher feststellen, ob die Widerrufsfrist begonnen hat, müsste er mehrere Gesetze zur lesen, die Pflichtangaben aus den Gesetze erkennen und prüfen, welche der Pflichtangaben noch nicht in seinem Vertrag erfüllt sind.

Gerade dies ist nach Ansicht des EuGHs nicht klar und prägnant.

Welche folgen ergeben sich aus der Rechtsprechung des BGH?

Für die deutschen Banken hat die Entscheidung des EuGHs weitreichende Folgen.

Hierzu muss man nochmals die Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung rekapitulieren.

Die Frist zum Widerruf beginnt nicht zu laufen.

Daher kann grundsätzlich der Widerruf auch Jahre später, also unbefristet erklärt werden.

Der Kunde muss bei einem erklärten Widerruf das Darlehen sofort zurückzahlen, kann aber aufgrund der aktuell günstigen Zinssituation günstig umschulden, indem er ein günstigeres Darlehen aufnimmt.

Hierzu ein konkretes Beispiel: Bei einem Darlehenszins von 1,5 statt 4,5 Prozent kann der Kunde bei einer Restschuld von 180.000 Euro und einer Restlaufzeit von rund viereinhalb Jahren etwa 24.000 Euro sparen.

Die vorliegende Entscheidung betrifft eine derzeit noch nicht überschaubare Menge an Darlehensverträgen, da die meisten Musterwiderrufsinformationen den Kaskadenverweis enthalten.

Wie es weitergeht, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer abschätzen.

Bankenverbände fordern die Einschaltung der Politik, da sie erhebliche, vielleicht sogar existenzielle Probleme sehen. Es bleibt abzuwarten, wie die weiteren Instanzen nach dem Landgericht Saarbrücken, insbesondere der Bundesgerichtshof mit dem EuGH-Urteil umgehen.

Es ist aber zu erwarten, dass es eine Welle von Klagen mit dem Thema „Widerrufsbelehrung“ geben wird.

Potentiell sind fast 20 Millionen Autokredit- und Leasing-Verträge betroffen. Das Gesamtvolumen  beträgt dabei rund 300 Milliarden Euro. Bei Baukrediten für private Haushalte geht es vermutlich um Darlehensvolumina von insgesamt rund 1,1 Billionen Euro.  Baukredite, die zu ungünstigen Konditionen abgeschlossen wurden, kosten heute anstatt noch vor geraumer  Zeit z.B. 3,5 Prozent nur noch 0,75 Prozent. Das bedeutet für Verbraucher einen Unterschied etlichen Tausend Euro Zinsen über die Laufzeit mehrerer Jahre“

Der BGH vertritt mit seinem Beschluss vom 31.03.2020 (BGH XI ZR 198/19) eine bankenfreundliche Auffassung: Da der deutsche Gesetzgeber genau die vom EuGH angegriffene Widerrufsbelehrung in ihrem Wortlaut formuliert habe, gelte ein weitreichender Rechtsschutz für die Banken. Bei textgetreuer Übernahme der gesetzlichen Belehrung bestehe kein Widerrufsrecht gegen die darlehensgewährende Bank. Möglicherweise könnte dadurch der Weg zu einer Staatshaftung wegen fehlerhafter Richtlinienumsetzung eröffnet sein. Die Darlehensnehmer könnten danach ihre Ansprüche gegen den deutschen Staat richten.

Wenn Sie eine Beratung oder Vertretung zu der Problematik brauchen, sprechen Sie mich an!

Corona-Soforthilfe und Subventionsbetrug

Die Hilfe aus dem Soforthilfeprogramm soll möglichst schnell und unbürokratisch bei den Kleinstunternehmen, Soloselbständigen und Angehörigen der Freien Berufe ankommen, die aufgrund der Corona-Krise in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind. Deshalb wäre es nicht praxisgerecht, wenn die Bewilligungsstellen der Länder bei jedem Antrag umfangreiche Nachweise überprüfen. Stattdessen wird eine glaubhafte und strafbewehrte Versicherung der Antragsteller eingefordert.

Die Antragsteller müssen aber in dem Antragsformular erläutern, inwiefern ihre wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Pandemie wesentlich beeinträchtigt und ihre wirtschaftliche Existenz dadurch bedroht ist. Grundsätzlich fordert der Bund einen Liquiditätsengpass, denn die Soforthilfe ist für die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen in Folge der Coronakrise gedacht. Die Unternehmen müssen in eine existenzielle Notlage geraten sein. Ein alleiniger Verweis auf die Corona-Krise und die damit einhergehenden gravierenden Nachfrage- und Produktionsausfälle, unterbrochene Lieferketten, Stornierungswellen, Honorarausfälle, massive Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüche sind kein ausreichender Grund für eine Förderung.

Die Soforthilfe bemisst sich an der Höhe der anfallenden betrieblichen (Sach-)Kosten ab 11. März 2020, die auf Grund der Corona-Krise ohne Eigen- oder Fremdmittel nicht mehr beglichen werden können. Ein Verdienst- oder Einnahmeausfall alleine ist kein Liquiditätsengpass!

Der Liquiditätsengpass ergibt sich aus dem Differenzbetrag der entsteht, wenn die Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen abgezogen werden. Um Corona-Soforthilfe beantragen zu können, müssen in der Regel zuvor die Liquiditätsreserven aufgebraucht werden.

Es muss an dieser Stelle deutlich gemacht werden, dass und warum die laufenden Kosten (nur Sach- und Finanzaufwand, bspw. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten – kein Personalaufwand - in welcher Art und Höhe) jetzt oder in naher Zukunft nicht mehr selbst gedeckt werden können.

Freiberufler, die sich für besonders schlau halten, indem sie einfach im April keine Rechnungen mehr schreiben und diese in den Mai schieben, um hierdurch einen Umsatzrückgang herbeizuführen, wird dringend geraten, genauer hinzuschauen: Sie versichern bei Antragsstellung nämlich, dass ihre wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist. Wer aber seinen Umsatzrückgang durch den Verzicht auf das Abrechnen von Leistungen selbst herbeiführt oder deren Beitreibung nicht nachgeht, ist nicht schutzwürdig und kann einen Umsatzrückgang auch nicht auf die Corona-Krise schieben.

Bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschangaben müssen die Antragsteller mit Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs rechnen.

Wie kann der Antragssteller ermitteln, ob seine derzeitigen Liquiditätsengpässe coronabedingt sind oder nicht etwa andere Gründe haben?

Hier ergibt sich zunächst die Möglichkeit, Vergleichsrechnungen im Hinblick auf die Bezugsmonate des Vorjahres z.B. durch betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA´s) vorzunehmen. Sollten die Umsätze danach ähnlich (gering) sein oder nur leichte Rückgänge zu verzeichnen sein, dürfte die Voraussetzungen für das Recht auf Inanspruchnahme der Subventionen nicht vorliegen.    Hierfür können in der Begründung beispielsweise Vorjahresumsätze mit aktuellen Umsätzen verglichen und probeweise berechnet werden, ob sich bei gleichen Bedingungen wie im Vorjahr kein Engpass ergeben hätte.

Auch eine entsprechende Vergleichsrechnung der Umsätze in den Monaten vor der Corona-Problematik kann aufschlussreich sein. Wenn die Umsatzzahlen in den Vormonaten ähnlich gering waren, wie im coronarelvanten Zeitraum dürfte es im Falle einer Überprüfung schwer sein, zu argumentieren, dass die geringen Umsätze nicht andere Gründe haben.

Wer dann lapidar argumentiert, dass seine Kunden durch Corona zahlungsunfähig seien wird entsprechende Nachweise bringen müssen. Wenn in diesem Zeitraum z. B. überhaupt keine Rechnungen geschrieben wurden oder das Mahnwesen nicht entsprechende Sachverhalte nachweisbar macht, wird sich erheblichen Problemen stellen müssen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat bereits angekündigt, gegen den missbräuchlichen Bezug finanzieller Corona-Hilfen hart vorzugehen. "Einige wenige schwarze Schafe gefährden so die schnelle Auszahlung für viele Tausend Ehrliche, die diese Hilfe jetzt dringend brauchen", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Obergrenze für die Höhe der Förderung entspricht dem unmittelbar infolge der Corona-Pandemie verursachten Liquiditätsengpass, maximal jedoch den in der Richtlinie genannten Förderbeträgen.

Oft wird, vermutlich im Hinblick auf die einfache Beantragung, der mögliche Maximalbetrag beantragt, ohne die konkret im Bezugszeitraum tatsächlich anfallenden betrieblichen Kosten zu berücksichtigen.

Beispiel:

Einzelunternehmer im Dienstleistungsbereich hat monatliche (Sach-) Kosten von € 1.000,00 und beantragt eine Soforthilfe für 3 Monate über € 9.000,00.

Selbst wenn die privaten Lebenshaltungskosten einzubeziehen wären, müsste sich am dann zu ermittelnden Gesamtbetrag der Förderbetrag bemessen werden.  In Baden-Württemberg ist in den Förderrichtlinien z. B. von einem kalkulatorischen Pauschalbetrag von 1.180 Euro pro Monat die Rede.

Im oben genannten Bespiel würde sich dann bei völligem Ausbleiben betrieblicher Einnahmen folgende Rechnung ergeben:

Betriebliche Kosten:                                                 € 1.000,00

Pauschalbetrag Lebenshaltung:                              € 1.118,00

Monatliche Kosten:                                                   € 2.118,00

Maximaler Förderbetrag für drei Monate:             € 6.354,00

Auch bei Berücksichtigung der pauschalisierten monatlichen Lebenshaltungskosten hätten nur € 6.354,40 und nicht € 9.000,00 beantragt werden dürfen.

Immer vorausgesetzt, dass überhaupt coronabedingt  Umsatzeinbrüche zu verzeichnen sind, die die wirtschaftliche Existenz bedrohen.

Grundsätzlich läuft die Beantragung wie folgt ab:

Der Antragsteller beantragt eine einmalige Soforthilfe, deren Höhe sich bis zur Höchstgrenze von 9.000 bzw. 15.000 Euro an dem vom Antragsteller glaubhaft versicherten Liquiditätsengpass für drei aufeinander folgende Monate orientiert.

Der Antragsteller legt bei der Angabe, in welcher Höhe er die Billigkeitsleistung beantragt, seinen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zugrunde. Dieser wird auf der Basis seines voraussichtlichen Umsatzes sowie des betrieblichen Sach- und Finanzaufwands für die drei auf die Antragstellung folgenden Monate ermittelt. Sofern die Soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der Sach- und Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war, ist das Unternehmen zu einer Rückzahlung des überzahlten Betrags verpflichtet.

Nach Ablauf des Förderzeitraumes muss dann anhand der feststehenden, konkreten Zahlen die konkrete Situation der bei Beantragung der Soforthilfe prognostizierten Situation gegenübergestellt werden. Dann kann der konkrete Liquiditätsengpass berechnet werden. Zuviel erhaltene Subventionen sind dann zurückzuzahlen.

Zur Verdeutlichung wird das obige Beispiel noch einmal aufgegriffen:

Es wurden Subventionen über € 9.000,00 ausbezahlt.

Betriebliche Kosten:                                                 € 1.000,00

Pauschalbetrag Lebenshaltung:                              € 1.118,00

Monatliche Kosten:                                                   € 2.118,00

Maximaler Förderbetrag für drei Monate:             € 6.354,40

Tatsächliche Betriebliche Einnahmen:                   € 4.500,00

Vom maximalen Förderbetrag auf Basis der Kalkulation bei Beantragung, € 6.354,00 wären die tatsächlich erwirtschafteten Einnahmen, € 4.500,00 abzuziehen. Der Förderanspruch beläuft sich dann auf tatsächliche € 1.854,00. Wenn jedoch der maximale Betrag von € 9.000,00 beantragt und auch ausgezahlt wurde, muss dann die Differenz zwischen Auszahlungsbetrag und Förderanspruch, mithin € 7.146,00 zurückbezahlt werden.

Viele Antragssteller dürften sich nicht im Klaren darüber sein, dass der Förderbetrag nur dann nicht zurückbezahlt werden muss, wenn die Kalkulation bei der Beantragung sich auch mit der ex post Betrachtung deckt.

Auch durch die Kombination von mehreren Hilfsprogrammen kann es zu einer Überkompensation kommen. Die Überprüfung, ob eine Überkompensation vorliegt, wird auf der Grundlage der allgemeinen Verfahren, beispielsweise im Rahmen der Steuererklärung für das Jahr 2020, erfolgen und kann bei Verdacht auf Subventionsbetrug auch zu einer Strafverfolgung führen.

Insoweit erscheint es zweckdienlich, ab 2021 vermehrt Betriebsprüfungen bei solchen Unternehmen durchzuführen, die die Fördermittel beantragt haben. Im Rahmen der Prüfung wäre dann konkret nachzuweisen, ob die Angaben im Antrag, die an Eides Statt erklärt wurden, wahrheitsgemäß gemacht wurden und auch nach Ablauf des Förderzeitraumes entsprechende Rückzahlung überobligatorisch erhaltener Fördermittel erfolgt ist.

Die rasche Auszahlung war und ist notwendig, aber gegen Betrug und Missbrauch muss konsequent und mit Härte gehandelt werden. Zu Missbrauch sei es vor allem bei der Beantragung des Sofortprogramms für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen gekommen.

Die Bundesregierung muss in diesem Jahr wohl so viele Schulden aufnehmen wie nie. Das Finanzministerium rechnet mit Kosten für die Hilfsprogramme von 122,8 Milliarden Euro allein 2020. Zugleich kommen wohl 33,5 Milliarden Euro weniger Steuern rein. Deshalb plant Minister Olaf Scholz (SPD) eine Neuverschuldung von 156,3 Milliarden Euro. Das sind ungefähr 100 Milliarden mehr als die Schuldenbremse im Grundgesetz erlaubt. Diese soll deshalb erstmal außer Kraft gesetzt werden. Das geht über eine Notfallregel.

Bei den Landesmitteln ist es oft ähnlich, es kann aber auch Abweichungen geben. Hier sind die Voraussetzungen im jeweiligen Bundesland gesondert zu prüfen. Allerdings ist auch dies aktuell schwierig, da momentan aufgrund der schnellen Umsetzung der Hilfsprogramme noch einiges unklar ist. Das gilt im Übrigen auch für die Bundesmittel.

Muss ein Liquiditätsengpass vorliegen um Soforthilfe beantragen zu können oder reicht bereits ein Auftrags- und damit einhergehender Umsatzrückgang?

Die Anträge in den Bundesländern sind sehr unterschiedlich ausgestaltet. In dem Antrag von Schleswig-Holstein ist zum Beispiel auch die Möglichkeit, dass der Betrieb aus behördlicher Anordnung geschlossen wurde, gegeben. In Hamburg hingegen kann es ausreichend sein, dass die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 11. März krisenbedingt weggefallen sind oder ein Umsatz- oder Honorarrückgang von mind. 50 Prozent vorliegt. Nur dann, wenn diese Dinge zu existenzbedrohlichen Liquiditätsengpässen geführt haben, soll es die Unterstützung geben.

Kann man auch Soforthilfe beantragen, wenn die Liquidität zwar noch gegeben ist, jedoch zunehmend die Aufträge in erheblichem Maße zurückgehen?

Dies ist momentan noch unklar. Nach den aktuell vorliegenden Informationen des Bundes wird aber davon ausgegangen, dass ein Liquiditätsengpass bereits vorliegen muss. Der Antragsteller muss versichern, dass er gerade durch die Coronapandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Es muss damit gerechnet werden, dass die Angaben zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden.

Wie wird die Höhe des entstandenen Liquiditätsengpasses berechnet und wie kann diese nachgewiesen werden?

Auch dies ist momentan noch nicht abschließend zu sagen, da nicht bekannt ist, welche Nachweise akzeptiert werden. Beim Antrag ist zunächst nur zu versichern, dass ein Liquiditätsengpass eingetreten ist. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass anhand der konkreten Zahlen des Unternehmens und dessen BWA´s zu einem späteren Überprüfungszeitpunkt genau nachvollzogen werden kann, wie sich die Lage zum Zeitpunkt der Antragstellung dargestellt hat. Unterlagen wie Kontoauszüge, Kassennachweise und Nachweise über die aktuellen laufenden Verpflichtungen, wie Darlehens-, Leasing oder Mietverträge werden dann zur Prüfung heranzuziehen sein.

Zur Ermittlung des entstandenen Liquiditätsengpasses sollte man die vorhandenen betrieblichen liquiden Mittel und ggf. zu erwartenden Gelder den bestehenden Ausgaben, wie z. B. Miete/Pacht, Darlehens- und Leasingraten aber auch für Versicherungen und Steuerberater gegenüberstellen. Beiträge zur Krankenversicherung oder Altersvorsorge sing keine betrieblichen Sachkosten. Ergibt bei dieser Vergleichsrechnung ein negativer Betrag, besteht ein Liquiditätsengpass. Ob dieser coronabedingt ist, steht auf einem anderen Blatt.

Muss das Privatvermögen zunächst eingesetzt werden, bevor ein Zuschuss beantragt werden kann?

Auch hierüber herrscht noch Unklarheit. Die überwiegende Meinung geht wohl davon aus, dass dies nicht der Fall ist. Es handelt sich ja um Unterstützungen für die Unternehmen. Allerdings schreibt z. B. das niedersächsische Förderinstitut NBank, dass vor Inanspruchnahme der Soforthilfe verfügbares liquides Vermögen einzusetzen ist. Nicht mit anzurechnen sind dort langfristige Altersversorgungen, Aktien, Immobilien oder Mittel, die für den Lebensunterhalt benötigt werden.

Wurden aus betrieblichen Mitteln Rücklagen für künftig fällig werdende betriebliche Verpflichtungen gebildet, wie z. B. Rückstellungen für künftige Abgabenforderungen, so dürften diese zunächst einzusetzen sein, bevor Fördermittel zu beanspruchen sind. Auch wenn die Mittel dann bei künftigen Steuerverpflichtungen fehlen, besteht die Möglichkeit, Stundungen bei der Finanzverwaltung zu beantragen.

Laut dem hessischen Wirtschaftsministerium hingegen muss ein "massiver finanzieller Engpass im betrieblichen Bereich entstanden sein". Das könnte so ausgelegt werden, dass im privaten Bereich liquide Mittel vorhanden sein dürfen. Auch müssen private Rücklagen, wie z. B. die Lebensversicherung, nicht aufgebraucht werden, um den Zuschuss zu beantragen.

Darf der Zuschuss von einem selbständigen Einzelunternehmer oder Freiberufler verwendet werden, um private Kosten wie die Miete und Lebensmittel zu bezahlen?

Dieser Punkt wird rege diskutiert, eine abschließende Klärung steht derzeit jedoch noch aus. Allerdings stellt sich immer mehr heraus, dass dies wohl nicht der Fall ist. Während z. B. die Fördermittel ausgebende Investitionsbank in Schleswig-Holstein noch kürzlich dahingehend informierte, dass auch die privaten Unterhaltskosten in der Soforthilfe mit eingeschlossen sind, gibt es zwischenzeitlich einen Widerruf dieser Information.

Das schleswig-holsteinische Finanzministerium hat kürzlich später klargestellt, dass es sich um einen betrieblichen Sach- und Finanzaufwand handeln muss. In Baden-Württemberg hingegen ist in einer Fußnote der Förderrichtlinien explizit aufgeführt, dass bei Personengesellschaften, wie z. B. GbR, KG oder OHG auch ein Pauschalbetrag für den Lebensunterhalt zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten hinzugezählt werden kann.

Wenn es auch im Privatbereich zu Engpässen kommt, ist hierfür die Grundsicherung zuständig. Die Zugangsmöglichkeiten sollen entsprechend gelockert worden sein.

Wie berechnen sich die Kosten für den Lebensunterhalt?

Wie bereits oben erörtert, ist der Lebensunterhalt in den meisten Fällen nicht durch die Soforthilfe gedeckt. In dem genannten Fall von Baden-Württemberg ist in den Förderrichtlinien von einem kalkulatorischen Pauschalbetrag von 1.180 Euro pro Monat die Rede. Den gleichen Betrag findet man auch in Niedersachsen, aber auch hier beschränkt auf Personengesellschaften.

Ist es möglich, Zuschüsse vom Bund als auch vom Land beantragen?

Bundes- als auch Landeszuschüsse nebeneinander beantragt werden. Diese werden in der Regel auch parallel gewährt. Hierbei sind die speziellen landesrechtlichen und auch die De-minimis-Regelungen zu berücksichtigen.

Was bedeutet De-minimis ?

De-minimis ist ein Begriff aus der Bereich der Fördermittel. Kurz zusammengefasst geht es darum, dass aufgrund von EU-Regelungen durch Fördermittel von EU, Bund und Ländern einen bestimmten Umfang nicht überschritten werden dürfen.

Zur Vereinfachung der Prüfung dieser De-minimis-Regelung ist bei den relevanten Beihilfen eine sogenannte De-minimis-Erklärung abzugeben. In dieser Erklärung sind alle De-minimis-Beihilfen anzugeben, die ein Unternehmer bzw. ein Unternehmen in einem gewissen Zeitraum, in der Regel die letzten drei Jahre, erhalten hat.

Die Erklärung sollte in jedem Fall vollständig abgegeben werden. Dies folgt daraus, dass bei falschen Abgaben ein Subventionsbetrug vorliegen kann.

Sind die Zuschüsse zurückzuzahlen?

Derjenige, der Bundeszuschüsse aus den Corona-Soforthilfen rechtmäßig (siehe oben, Rechenbeispiel) erhalten hat, muss diese nicht zurückzahlen. Bei den Landeszuschüssen gelten auch hier ggf. abweichende Regelungen. Wer die Zuschüsse jedoch zu Unrecht erhalten hat, muss mit einer Rückforderung rechnen. Wer die Mittel aufgrund von unrichtigen Angaben erhält, hat zusätzlich strafrechtliche Konsequenzen zu erwarten.

Müssen ich Zuschüsse dann zurückgezahlt werden, wenn trotz der Soforthilfe innerhalb der nächsten Wochen ein Insolvenzantrag gestellt wird?

Dies ist nicht der Fall. Es sei denn, die Fördermittel wurden zu Unrecht ausgezahlt. Dann ist auch in diesem Fall mit einer Rückforderung zu rechnen. Hier ist dann auch damit zu rechnen, dass in einem Insolvenzverfahren die Forderungen mit der Qualifizierung einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung angemeldet und entsprechend zur Tabelle Festgestellt werden. Für natürliche Personen hat dies zur Folgen, dass die entsprechend festgestellten Forderung von einer Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommen sind und nach Ende des Verfahrens für mindestens 30 Jahre durchgesetzt werden können.

Zählen die ausgezahlten Zuschüsse zu den Betriebseinnahmen?

Die ist der Fall, der Zuschuss ist als Betriebseinnahme zu erfassen und als solche zu versteuern.

Sollte sich aus der entsprechenden Steuererklärung positive Einnahmen ergeben, die möglicherweise dank der Hilfe über denen der Vorjahre liegen oder rechnerisch gar keine existenzbedrohende Situation vorgelegen hat, ist mit einer entsprechenden Steuer- bzw. Betriebsprüfung zu rechnen, mit den oben bereits dargestellten Sanktionierungen.

Sind die Zuschüsse steuerfrei oder unterliegen sie dem Progressionsvorbehalt?

Die Zuschüsse sind weder steuerfrei, noch unterliegen sie dem Progressionsvorbehalt. Denn der Zuschuss ist grundsätzlich als Betriebseinnahme steuerpflichtig. Allerdings wirkt sich das erst dann aus, wenn die Steuererklärung für 2020 eingereicht werden muss. Also frühestens im nächsten Jahr 2021. Und nur dann, wenn im Jahr 2020 ein positiver Gewinn erwirtschaftet wurde, wird auf den Zuschuss der individuelle Steuersatz fällig.

Ist es möglich, dass die Fördermittel ausgehen, bevor man den Antrag gestellt hat?

Dies ist ex ante schwer zu beurteilen. Grundsätzlich muss immer damit gerechnet werden, dass Fördermittel ausgehen, bevor jeder grundsätzlich Berechtigte einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Insbesondere das Förderprogramm des Bundes ist großzügig ausgestattet, so dass vorerst nicht damit gerechnet werden muss, dass die Gelder ausgehen. Zudem dürfte ein großes Interesse der Politik gegeben sein, dass jeder, der zu Recht die Fördermittel beantragt, diese auch erhält. Entsprechendes gilt für Landesfördermittel. Gänzlich auszuschließen ist eine Begrenzung jedoch nicht.

Welche Konsequenzen sind zu erwarten, wenn die Zuschüsse zu Unrecht beantragt wurden?

Wie zuvor dargestellt, können die Gelder, die zu Unrecht vereinnahmt worden sind, zurückgefordert werden. Sofern lediglich eine Rückforderung erfolgt, ist man mit „einem blauen Auge“ davongekommen. Es muss jedoch, insbesondere bei falschen Angaben, damit gerechnet werden, dass eine strafrechtliche Verfolgung erfolgt. Hierbei folgen Strafverfahren wegen Subventionsbetrug oder falscher Versicherung an Eides statt handeln. Diese Delikte sind mit empfindlichen Strafen bedroht. Subventionsbetrug in besonders schweren Fällen kann mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet werden. Bei leichtfertiger Tatbegehung gibt es Freiheitsstrafen bis sechs Monate oder Geldstrafen.

Die Straftatbestände:

§ 264 StGB

Subventionsbetrug

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind,

2. einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet,

3. den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder

4. in einem Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebraucht.

(2) 1 In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. 2 Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt,

2. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder

3. die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung mißbraucht.

(3) § 263 Abs. 5 gilt entsprechend.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 ist der Versuch strafbar.

§ 156 StGB

Falsche Versicherung an Eides Statt

Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Auswirkungen der COVID-19 (Corona) Pandemie auf Mietverträge

 

Die Corona-Pandemie betrifft auch die Immobilienwirtschaft erreicht. In 14. KW 2020 2020 kündigten diverse Unternehmen an, den Mietzins aufgrund der Auswirkungen der Corona Pandemie nicht mehr zu begleichen. Andere Unternehmen verlangten eine Stundung oder eine Reduzierung der Miete aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Diesbezüglich wurde von zahlreichen Mietern unter Anderem die Frage aufgeworfen, ob durch die behördliche Schließung von Ladengeschäften und Gastronomiebetrieben und auch von Dienstleistern zur Ausübung deren Tätigkeit angemieteten Räumlichkeiten die Geschäftsgrundlage dieser Mietverträge oder der vertraglich vereinbarte Gebrauch der Mietsache so erheblich  gestört ist, dass die Miete eventuell vollständig zu kürzen ist.

I. Kündigungsausschluss im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Der Gesetzgeber hat auf die o. g. Fragestellung schnell reagiert. Bereits am 27. März 2020 wurde das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19- Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht verabschiedet, welches auch eine Regelung für Mietverhältnisse enthält:

Kann ein Mieter aufgrund der COVID-19-Pandemie eine fällige Miete in der Zeit zwischen 1. April 2020 und 30. Juni 2020 nicht leisten, so  kann der Vermieter ihm nicht aufgrund dieses Zahlungsrück-standes kündigen. Die Regelung gilt sowohl im Wohnraummietrecht als auch wie im Gewerbemietrecht. Sie gilt für Verbraucher ebenso wie für Kleinunternehmer, Mittelständler und Großkonzerne. Die Regelung ist nicht dispositiv und kann daher nicht durch einen Vertrag abgeändert werden. Dies gilt für bereits bestehende vertragliche Regelungen ebenso wie für Verträge, die jetzt neu  abgeschlossen werden. Der Mieter hat zwei Jahre Zeit, die Zahlungen nachzuholen, sodann lebt das Kündigungsrecht  wieder auf. Der Zeitraum endet im Juni 2022.

Dies betrifft nicht nur Mietverträge, sondern gilt auch im Hinblick auf Pachtverträge.

Die neue gesetzliche Regelung ist eine Ausnahme von dem generellen zivilrechtlichen Grundsatz, dass die Leistungsunfähigkeit des Schuldners aufgrund wirtschaftlicher Probleme nicht von der Leistung und insofern auch nicht von den Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen oder nicht vollumfänglichen Leistung befreit. Grundsätzlich kann der Vermieter den Mietvertrag kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung des Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Zahlungstermine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht, vgl. insoweit § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Im Wohnraummietrecht bestehen abweichende Kündigungsrechte bei Zahlungsverzug unter § 569 und § 573 BGB.

Diese Kündigungsmöglichkeiten werden nun nur vorübergehend außer Kraft gesetzt, wenn der Zahlungsverzug auf Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Gesetzesbegründung stellt heraus, dass für den Fall, dass die Nichtleistung des Mieters auf anderen Gründen beruht, zum Beispiel, weil er zahlungsunwillig ist oder seine Zahlungsunfähigkeit auf anderen Ursachen als der COVID-19-Pandemie begründet ist, die Kündigung gerade nicht ausgeschlossen ist. Nach dem Gesetzeswortlaut muss die Nichtleistung lediglich auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Dieser Wortlaut ist unspezifischer als z. B. die Maßnahmen zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie im Hinblick auf das Darlehensrecht. Dort gilt als Anknüpfungspunkt, dass Ausfälle von Einnahmen durch die Pandemie hervorgerufen werden, welche die Zahlung des Kapitaldienstes, also von Zins- und Tilgungsleistungen unzumutbar machen.

Der direkte Zusammenhang zwischen den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der Nichterbringung der geschuldeten Leistungen muss durch den Mieter glaubhaft gemacht werden. Hierfür muss er Tatsachen darlegen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass seine Nichtleistung auf der Pandemie beruht. Diese Glaubhaftmachung kann dabei durch Versicherung an Eides statt erfolgen. Ebenso kann die Glaubhaftmachung durch Vorlage von Bescheiden über die Gewährung von Unterstützungsmaßnahmen oder Nachweise über den Verdienstausfall erfolgen.

Nach der Begründung der gesetzlichen Regelung soll es für eine Glaubhaftmachung im Recht des Gewerbemietvertrages ausreichend sein, wenn der Betrieb des Gewerbes oder der  im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie behördlich untersagt oder erheblich eingeschränkt wurde. Hiervon betroffen sind die zahlreichen Betriebe des Einzelhandels, die ihre Läden und Geschäftslokale nicht mehr öffnen können, ebenso wie die Gastronomie und Hotels. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass ein Mieter allein durch den Hinweis auf eine behördliche Anordnung der Schließung seines Ladengeschäfts die Miete verweigern darf, ohne eine Kündigung befürchten zu müssen. Nachdem ein großer Sportartikelhersteller und diverse Handelsketten in der Öffentlichkeit kundgetan hatten, keine Miete für ihre Ladengeschäfte mehr zahlen zu wollen, folgte in den letzten Tagen eine umfassende öffentliche Diskussion der Problematik. Die Bundesjustizministerin erklärte in diesem Zusammenhang, die Regelung habe nur Geltung für Unternehmen, die tatsächlich infolge der Krise in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geraten sind. Tatsächlich steht an anderer Stelle in der Gesetzesbegründung, die Kündigung solle nicht ausgeschlossen sein, wenn die Nichtleistung auf Zahlungsunwilligkeit des Mieters beruhe. Zahlreiche Handelsketten könnten insoweit trotz der  durch die COVID-19-Pandemie bedingten Umsatzausfälle durch gestiegene Einnahmen im Onlinehandel ihre wirtschaftlichen Verluste ausgleichen. Einige Restaurants z. B. profitieren von Lieferangeboten.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Regelung gerade nicht so weit geht, wie das generelle Moratorium für schuldrechtliche Leistungen, welches ausdrücklich das Mietrecht ausnimmt. Damit bleibt die Miete grundsätzlich geschuldet und mithin auch fällig. Dies bedeutet, dass auch Fälligkeitszinsen in gesetzlicher oder vertraglich vereinbarter Höhe anfallen. Auch verbleibt nach dem Stand der Dinge eine Haftung des Mieters für weitere Schäden des Vermieters, welche durch die Nichtleistung verursacht werden. Der Vermieter hat die Möglichkeit, seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen und sich unter Umständen auch die Verwertung der vom Mieter gestellten Sicherheiten schadlos halten.

Das Gesetz enthält zudem eine Verordnungsermächtigung, die es der Bundesregierung ermöglichen würde, die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis längstens 30. September 2020 entstanden sind. Hiermit wird die Flexibilität der Bundesregierung geschaffen, auf die noch ungewisse zeitliche Dimension der Krise zu reagieren.

II. Hat der Mieter einen Anspruch auf Reduktion der Miete?

Bereits vor dem Bekanntwerden der Maßnahmen des Gesetzgebers wurde diskutiert, ob der Mieter auf Grund der COVID-19-Pandemie nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder als Mietminderung die Miete reduzieren oder sogar vollumfänglich verweigern darf. Die entsprechende Diskussion ist noch nicht abgeschlossen und die Behandlung dieser Fälle durch die Gerichte in Anbetracht des noch nicht abschätzbaren Ausmaßes der Beschränkungen noch unabsehbar.

Aus der Rechtsprechung und Literatur können jedoch einige Leitlinien entwickelt werden.

Relevant dürfte bei der Bewertung auch sein, dass die neue Regelung im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht die Miete grundsätzlich als fällig behandelt (siehe oben). Daraus kann abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber im typischen Fall keinen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder der Minderung allein auf Grundlage der bislang erlassenen behördlichen Schließungen von Ladengeschäften oder Gastronomie annimmt. Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass eine Mietreduktion nur in engen Einzelfällen, je nach mietvertraglicher Regelung oder konkretem Mietzweck in Frage kommen. Die Darlegungslast trifft dabei den Mieter, der sich um klaren sein sollte, dass er die Voraussetzungen schlüssig darlegen und im Streitfall auch substantiiert beweisen können muss.

1. Wegfall der Geschäftsgrundlage

Grundsätzlich kann ein Vertragspartner und damit auch der Mieter nach § 313 BGB, eine Vertragsanpassung verlangen, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dies ist jedoch nur möglich, wenn und soweit dem Mieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Mietvertrag nicht zugemutet werden kann. Eine solche Vertragsanpassung wäre in etwa der Erlass, die Reduktion der Miete oder die Stundung der Miete.

Die im Gesetz und auch vertraglich angelegte Risikoverteilung zwischen den Parteien des Mietvertrages ist jedoch zu beachten. Die Veränderung muss so grundlegend sein, dass sie nicht in den Risikobereich einer Partei fällt. Bei einem Mietvertrag trifft den Vermieter grundsätzlich die Pflicht zur  Gebrauchsüberlassung, während der Mieter grundsätzlich das Risiko, dass er die gemietete Sache wie geplant verwenden kann und während der Dauer der Mietzeit tatsächlich benötigt (Verwendungsrisiko) trägt. Ebenso trägt der Mieter das wirtschaftliche Risiko, dass  er die Miete bezahlen kann und z.B. hinreichend viel erwirtschaftet, um die Miete zu zahlen. Davon abzugrenzen sind Umstände, die sich auf die konkrete Lage und Beschaffenheit der Mietsache beziehen. Dies ist der Fall, wenn das Mietobjekt als solches nicht die Voraussetzungen erfüllt, um etwa als Ladengeschäft oder Restaurant genutzt zu werden. Dies ist jedoch im Falle von Schließungen auf  Grund der COVID-19-Pandemie in aller Regel gerade nicht der Fall. Vielmehr kamen die Entscheidungsträger in der Politik zu dem Ergebnis, dass eine Eindämmung der Pandemie erfordert, dass möglichst wenig direkter sozialer Kontakt zwischen Menschen erfolgt. Dieser direkte Kontakt findet nach Einschätzung der Verantwortlichen u.a. üblicherweise in Ladengeschäften und in Restaurants statt, weshalb die Schließungsverfügungen ein probates Mittel der Pandemiebekämpfung sind. Diese Erwägungen treffen im Regelfall völlig unabhängig vom Mietobjekt zu.

Weiterhin muss die Veränderung im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unvorhersehbar sein. Dies ist bei einer COVID-19-Pandemie, wie der vorliegenden, zweifelhaft. Einerseits wird man sagen können, dass wohl keiner noch vor einigen Monaten ernsthaft vorhersehen konnte, dass ein Shut-Down wie gegenwärtig erfolgen kann. Andererseits ist eine Pandemie als solche durchaus ein vorhersehbares Ereignis. Zahlreiche Experten warnen ja schon lange vor den Auswirkungen einer Pandemie. Auch gab es  vor COVID-19 Epidemien, auch wenn die Auswirkungen nicht so gravierend waren.  § 313 BGB setzt dabei voraus, dass die Parteien  eine abweichende Regelung getroffen hätten, hätten sie die Pandemie und die sich daraus ergebenden Folgen vorhergesehen.

Dies erscheint im  Gewerbemietrecht durchaus zweifelhaft. Gewerbemietverträge sehen selten in solchen Fällen Mieterleichterungen vor, solange nicht das Mietobjekt selbst betroffen ist. Daher hätte der Mieter wohl auch kaum einen Erlass der Mietzahlung im Falle einer Pandemie aushandeln können. Die Lage muss weiterhin für die Mieter unzumutbar sein. Hierbei kommt es auf die wirtschaftliche Situation des Mieters an. Dabei können die zahlreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Unternehmen helfen. Man wird wohl argumentieren können, dass die Lage für den Mieter dann nicht unzumutbar ist, wenn er sich Geldmittel zur Überbrückung z.B. durch die  gegenwärtigen Hilfsprogramme beschaffen kann.

2. Minderungsrecht

Ganz vergleichbare Erwägungen wird man anstellen müssen, wenn es darum geht, ob sich der Mieter auf ein Minderungsrecht berufen kann. Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter nach § 536 Abs.1 S.1 BGB für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung des Mietzinses befreit. Wesentlich ist daher, ob die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache zur Folge haben. Unter einem Mangel ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des  tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich Geschuldeten zu verstehen. Dabei können sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Gegebenheiten einen Mangel erzeugen. Hierbei wird es noch stärker als beim Wegfall der Geschäftsgrundlage auf den Einzelfall vor allem jedoch auf den konkreten vertraglich vereinbarten Mietzweck und die Risikotragung für das Vorhandensein behördlicher Genehmigungen ankommen.

Nach der bisherigen Haltung der Rechtsprechung wird ein Mangel, der zur Minderung führt, dann vorliegen, wenn die Schließung des Betriebs des Mieters objektbezogen ist. Eine Minderung wird nur dann in Frage kommen, wenn die Schließung auf der konkreten Beschaffenheit des Mietobjektes beruht und nicht auf die betrieblichen Verhältnisse des Mieters. Die gegenwärtigen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie werden aber nur im Einzelfall auf der konkreten Beschaffenheit des Mietobjektes beruhen.

Corona-Krise: Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bereitet eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vor, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten. Als Vorbild hierfür dienen Regelungen, die anlässlich der Hochwasserkatastrophen 2002, 2013 und 2016 getroffen wurden.

„Bis zum 30.09.2020 soll die Insolvenzantragspflicht für betroffene Unternehmen ausgesetzt werden. Mit diesem Schritt will das BMJV dazu beitragen, die Folgen des Ausbruchs des Coronavirus für die Realwirtschaft abzufedern.“

Christine Lambrecht, Bundesministerin der Justiz,  zur Insolvenzantragspflicht für durch die Corona-Epidemie geschädigte Unternehmen:

„Wir wollen verhindern, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen. Die reguläre Drei-Wochen-Frist der Insolvenzordnung ist für diese Fälle zu kurz bemessen. Deshalb flankieren wir das von der Bundesregierung bereits beschlossene Hilfspaket mit einer Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 für die betroffenen Unternehmen. Mit diesem Schritt tragen wir dazu bei, die Folgen des Ausbruchs für die Realwirtschaft abzufedern.“

Die Bundesregierung hat angekündigt, verschiedene Instrumente zur Stützung der Liquidität von Unternehmen bereitzustellen, die aufgrund der Auswirkungen der Corona-Epidemie in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Es ist aber aus organisatorischen und administrativen Gründen nicht sichergestellt, dass derartige Hilfen rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht bei den Unternehmen ankommen werden.

Um zu vermeiden, dass betroffene Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die Bearbeitung von Anträgen auf öffentliche Hilfen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen aktuellen Lage nicht innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht abgeschlossen werden können, soll daher durch eine gesetzliche Regelung für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden. Voraussetzung für die Aussetzung soll sein, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen. Darüber hinaus soll eine Verordnungsermächtigung für das BMJV für eine Verlängerung der Maßnahme höchstens bis zum 31.03.2021 vorgeschlagen werden.

Quelle: BMJV

Die Dauer des Insolvenzverfahrens wird kürzer werden

 

Zukünftig wird es möglich sein, Restschuldbefreiung bereits nach 3 Jahren zu erhalten.

Aktueller Stand im  Februar 2020:  Der Referentenentwurf zur Umsetzung der europäischen Richtlinie liegt vor. Die entscheidenden Änderungspunkte wurden jetzt durch das Justizministerium bekannt gegeben.

Es ist eine Zwischenlösung bis zur endgültigen Umsetzung vorgesehen.

Hierzu ist eine Stufenlösung geplant. Hintergrund ist, dass nicht erst solche Insolvenzverfahren von der rechtlichen Änderung profitieren, die nach der Umsetzung der Richtlinie beantragt werden.

In der Presseerklärung des Justizministeriums heißt es:

„Um einen geordneten Übergang von der geltenden sechsjährigen zur künftigen dreijährigen Restschuldbefreiungsfrist sicherzustellen, soll die Frist für die Restschuldbefreiung allmählich und kontinuierlich verkürzt werden. Das vermeidet die Ausbildung eines Verfahrensstaus bei Schuldnerberatungsstellen, Gerichten und Verwalterbüros. Zudem werden Ungerechtigkeiten vermieden, die entstünden, wenn die Frist von heute auf morgen verkürzt werden würde. Zwar kann es auch nach der vorgeschlagenen Regelung zu Mehrbelastungen kommen. Da mit diesen aber erst im Sommer 2025 zu rechnen ist, verbleibt hinreichend Zeit, um organisatorische und personelle Vorkehrungen zur Bewältigung zu treffen.”

Die Neubeantragung eines Insolvenzverfahrens soll dann erst nach 13 Jahren möglich sein

Auch bei dieser Gesetzesänderung scheint man zu befürchten, dass die Schuldner zu viele Vorteile erhalten könnten. Daher sind im Gegenzug auch für den Schuldner nachteilige Regelungen geplant. Der Zeitraum, ab dem eine erneute Restschuldbefreiung beantragt werden kann, soll in Zukunft von 10 Jahren auf 13 Jahre verlängert werden. Dadurch soll verhindert werden, dass eine Insolvenz die nächste ablöst und der Schuldner immer wieder neue Schulden macht und sich derer durch eine neuerliche Restschuldbefreiung entledigt.

In der Presseerklärung heißt es weiter:

“Die Verkürzung des Verfahrens soll nicht auch dazu führen, dass die Schuldnerin oder der Schuldner im Falle einer späteren Wiederverschuldung auch schneller zu einer zweiten Restschuldbefreiung kommen kann. Daher wird die derzeitige zehnjährige Sperrfrist auf 13 Jahre erhöht.”

Speicherungsdauer bei Auskunfteien:

Der Plan, die Speicherungsdauer bei Auskunfteien zu verkürzen, ist sinnvoll. Statt 3 Jahre soll es dann nur noch ein Jahr sein. Die Frist begann am Ende des Jahres, in dem die Restschuldbefreiung erteilt wurde, im für den Schuldner ungünstigsten Fall wurden die SCHUFA-Einträge also erst nach 4 Jahren gelöscht. Von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur vollständigen Löschung des Eintrages bei SCHUFA und anderen Auskunfteien, würde es dann nur noch 4-5 Jahre dauern. Zurzeit ist diese Dauer noch wesentlich länger. Für Schuldner, die nach 6 Jahren restschuldbefreit werden, vergehen zwischen Insolvenzeröffnung und Löschung bei der SCHUFA insgesamt 9 Jahre (6 Jahre ab Eröffnung + 3 - 4 Jahre bis Löschung). Diese Verkürzung ist sinnvoll.

Man kann aber ohnehin darüber diskutieren, ob überhaupt eine Speicherung über den Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung hinaus erforderlich ist.

 Die Presserklärung hierzu:

“Anlässlich der Richtlinienumsetzung sollen die Fristen für die Speicherung der Daten über das Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren durch Auskunfteien von drei auf ein Jahr verkürzt werden, um dem Schuldner oder der Schuldnerin nach Erteilung der Restschuldbefreiung einen neuen Start zu erleichtern.”

Verkürzung für Regel- und Verbraucherinsolvenzen

Dass die geplante Verkürzung der Verfahrensdauer nicht nur unternehmerische Insolvenzen betrifft (sogenannte Regelinsolvenzen) sondern auch Verbraucherinsolvenzen, wurde durch das Justizministerium erneut bestätigt.

“Der Referentenentwurf setzt die Vorgaben der Richtlinie nicht nur für unternehmerisch tätige Personen um, sondern auch für Verbraucherinnen und Verbrauch

12.09.2022 16:22

BAG zur Unpfändbarkeit einer Corona-Sonderzahlung

Eine gezahlte Corona-Prämie ist als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar. Daher darf die Küchenhilfe, die eine Sonderzahlung von 400,00 Euro erhielt, diese trotz eröffnetem Insolvenzverfahren behalten.

 Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über die Pfändbarkeit einer – vom Arbeitgeber freiwillig gewährten – Corona-Bonuszahlung während eines laufenden Insolvenzverfahrens zu entscheiden (Az. 8 AZR 14/22). Nach Ansicht des BAG ist eine Corona-Prämie unter bestimmten Bedingungen kein pfändbares Einkommen.

Der Arbeitgeber zahlte einer angestellten Küchenhilfe und Tresenkraft, die im Jahre 2015 Privatinsolvenz angemeldet hatte, zusätzlich zu ihrem Lohn ein Betrag von 400 Euro. Die zuständige Insolvenzverwalterin war der Meinung, dass zumindest ein Teil der Prämie pfändbar sei. Für den Monat September 2020 errechnete sie daher aus dem Monatslohn sowie der Corona-Prämie einen Betrag iHv. 1.440,47 Euro als pfändungsrelevanten Nettoverdienst. Sie forderte den Arbeitgeber erfolglos zur Zahlung des pfändbaren Betrags in Höhe von netto 182,99 Euro auf.

Die Insolvenzverwalterin war der Meinung, dass anders als im Pflegebereich, wo der Gesetzgeber in § 150a Abs. 8 Satz 4 SGBXI ausdrücklich die Unpfändbarkeit der Corona-Prämie bestimmt habe, für eine Sonderzahlung wie hier keine Regelung über eine Unpfändbarkeit existiere. Der Gesetzgeber habe insoweit lediglich bestimmt, dass die Zahlung bis zu einer Höhe von 1.500,00 Euro steuer- und abgabenfrei sei.

Corona-Prämie ist kein pfändbares Einkommen

Nachdem die Insolvenzverwalterin bereits in den Vorinstanzen scheiterte, wies nun auch das BAG die Klage ab. Die Corona-Prämie gehöre nach § 850a Nr. 3 ZPO nicht zum pfändbaren Einkommen der Schuldnerin, so das BAG.

Nach § 850a Nr. 3 ZPO sind Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen, unpfändbar.

Der Gaststättenbetreiber habe mit der Leistung eine bei der Küchenkraft tatsächlich gegebene Erschwernis kompensieren wollen, so das BAG. Die gezahlte Corona-Prämie übersteige darüber hinaus auch nicht den Rahmen des Üblichen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO.

13.05.2022 13:32

Mitgliedsbeiträge im Fitnessstudio während Corona

Betreiber von Fitnessstudios sind verpflichtet diejenigen Mitgliedsbeiträge zurückzuzahlen, die sie in der Zeit der durch Corona bedingten Schließungen von Kunden per Lastschrift eingezogen haben. Dies wurde vom XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden (Urt. v. 04.05.2022, Az. XII ZR 64/21).

Dem Urteil des BGH liegt folgender Fall zugrunde

Wegen der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste eine Betreiberin das Fitnessstudio für ca. drei Monate schließen müssen. Die monatlichen Mitgliedsbeiträge für diesen Zeitraum wurden jedoch weiter vom Konto der Kunden eingezogen. Ein Kunde hatte daraufhin schriftlich die Kündigung des Vertrages erklär. Die Betreiberin akzeptierte die Kündigung. Nachdem aber die geforderte Rückzahlung der eingezogenen Beiträge nicht erfolgt war, hatte der Kunde die Betreiberin aufgefordert ihm einen Wertgutschein zu überlassen. Die Betreiberin hatte ihm aber lediglich eine "Gutschrift über Trainingszeit" für den Zeitraum in der das Studio geschlossen war, angeboten. Dieses Angebot nahm der Kunde nicht an und machte seine Ansprüche gerichtlich geltend.

In der erste Instanz vor dem AG (Amtsgericht) Papenburg, wurd die Fitnessstudiobetreiberin zur Rückzahlung der Monatsbeiträge für den Zeitraum der Schließung des Studios verurteilt. Die eingelegte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts hatte vor dem LG (Landgericht) Osnabrück keinen Erfolg.

Der BGH hat die Rechtsauffassung der Vorinstanzen bestätigt. Der Rückzahlungsanspruch des Kunden gemäß §§ 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 346 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) des Kunden wurde bejaht. Dem Anspruch könne die Betreiberin auch nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage entsprechend anzupassen.

Die Rechtliche Unmöglichkeit schließt hier eine Vertragsanpassung aus

In dem Fall liege, so die Ausführungen des BGH, rechtliche Unmöglichkeit vor. Wegen der Corona-Maßnahmen war es der Betreiberin rechtlich unmöglich, dem Kunden Nutzung des Fitnessstudios zu ermöglichen und mithin ihre vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht zu erfüllen. Hier sei eine nur vorübergehende Unmöglichkeit nicht anzunehmen, was draus folge, dass die Leistung nicht mehr nachholbar ist. Der Sinn und Zweck eines Fitnessstudiovertrags besteht gerade in der regelmäßigen sportlichen Betätigung. Daher sei gerade eine regelmäßige und auch ganzjährige Öffnung des Studios von entscheidender Bedeutung. Ist es dem Betreiber des Fitnessstudios während der Vertragslaufzeit nicht möglich, die Nutzung des Studios durchgängig zu gewähren, z. B. wegen hoheitlicher Maßnahmen, kann der Vertragszweck für den Zeitraum der Schließung objektiv nicht erreicht werden.

Der BGH lehnt auch die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung ab. Die Betreiberin könne dem Rückzahlungsanspruch nicht entgegenhalten kann, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen mit der Folge, dass sich die Vertragslaufzeit verlängere. Diese Auffassung verkenne gerade das Konkurrenzverhältnis zwischen § 275 Abs. 1 BGB und § 313 BGB. Eine Vertragsanpassung an die tatsächlichen Umstände komme dann nicht in Betracht, wenn die Vorschriften über die Unmöglichkeit greifen.

13.05.2022 13:07

Erben in der Insolvenz

Darf ein Schuldner während des Insolvenzverfahrens eine Erbschaft ausschlagen?

Der Schuldner darf die Erbschaft ausschlagen. Dies folgt aus § 83 der Insolvenzordnung (InsO). Hiernach steht es dem Schuldner sowohl vor als auch nach Eröffnung seines Insolvenzverfahrens frei, eine Erbschaft anzunehmen oder eben auch nicht. Gleiches gilt während der sog. Wohlverhaltensphase. Schlägt der Schuldner die Erbschaft aus, fällt diese an den nächsten Erben nach der gesetzlichen Erbfolge.

Was passiert mit der Erbschaft in der Insolvenz?

Hierbei kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Erbschaft anfällt. Im laufenden Insolvenzverfahren fällt die gesamte Erbschaft in die Insolvenzmasse. Tritt der Erbfall während der sich an das eröffnete Insolvenzverfahren anschließenden Wohlverhaltensphase ein, muss der Schuldner 50% der Erbschaft an den Treuhänder abtreten. Die andere Hälfte darf der Schuldner behalten.

Wenn der Schuldner die Erbschaft vor dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder geheim hält verstößt er damit gegen seine Obliegenheitspflicht, Auskunft über das Vermögen und Einkünfte zu erteilen. Dies kann und wird i. d. R. zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.

12.05.2022 17:53

Kein Informationsanspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt

 Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass ein Insolvenzverwalter gegen das Finanzamt keinen Informationsanspruch hinsichtlich der steuerlichen Verhältnisse von Insolvenzschuldnern hat (Urt. v. 25.02.2022, Az. 10 C 4.20 und 10 C 7.21).

Ein Insolvenzverwalter hatte auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Landes NRW vom Finanzamt steuerliche Auskünfte angefordert. Dabei ging es um die Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen im Hinblick auf zwei insolvente Gesellschaften. Das Finanzamt lehnte einen solchen Anspruch des Verwalters mit Verweis auf das Steuergeheimniss ab. Vor dem Verwaltungsgericht Köln sowie vor dem OVG Münster hatte der Insolvenzverwalter Erfolg. Beide Instanzen verneinten eine Verletzung des Steuergeheimnisses. 

Während des sich anschließenden Revisionsverfahrens wurde mit dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auch die Abgabenordnung (AO) geändert. Aus den dortigen Änderungen ergaben sich dann auch entsprechende Ausschlussgründe grundsätzlich bestehende Informationsansprüche. 

Nach Auffassung BVerwG seien die Finanzbehörden jetzt neben zivilrechtlichen Auskunftsansprüchen solchen Informationsansprüchen nicht mehr ausgesetzt, welche sich aus dem Recht der Informationsfreiheit oder nach dem europäischen Datenschutz ergeben. Letzteres gelte besonders für natürliche Personen, also auch für einen Insolvenzverwalter.

Durch unionsrechtliche Implikationen wurde der Fall vom BVerwG dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Dieser erklärte sich allerdings für nicht zuständig, weil es nicht um Auskünfte zu juristischen Personen gehe. 

Der 10. Senat des BVerwG hat jetzt entschieden, dass ein solcher Anspruch für den Insolvenzverwalter nicht besteht. Dies sei Folge der Änderung der AO in Verbindung mit der DSGVO (§ 32e; § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. e und j DS-GVO). Die Vorschriften der DSGVO dienten nach Ansicht des BVerwG dem Schutz wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses, so etwa im Steuerbereich, und der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche.

23.06.2021 09:22

Weniger Regelinsolvenzen, mehr Privatinsolvenzen


Die staatlichen Corona-Hilfen haben die Zahl der Firmeninsolvenzen bislang niedrig gehalten. Eine Gesetzesänderung sorgte jedoch im ersten Halbjahr 2021 für verstärkte Vorsprache insolventer Privatpersonen bei den Amtsgerichten.

Weniger Firmeninsolvenzen, aber mehr zahlungsunfähige Privatleute-. Die Zahl der Firmeninsolvenzen ist von Januar bis Juni 2021 deutschlandweit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,7 Prozent auf geschätzte 8800 Fälle gesunken. Dies berichtete die Auskunftei Creditreform am Dienstag. Die Zahl der Privatinsolvenzen sei dagegen um fast 63 Prozent auf 46.000 Fälle gestiegen und habe die Gesamtzahl der Insolvenzen auf den höchsten Halbjahreswert seit 2014 getrieben.

Grund für den Anstieg der Privatinsolvenzen sei eine Reform des Verbraucherinsolvenzrechts, die Privatpersonen eine schnellere Restschuldbefreiung nach nunmehr drei statt bisher nach sechs Jahren ermöglicht. Seit Jahresbeginn 2021 sei es deshalb zu einem Ansturm auf die Amtsgerichte gekommen. Die Corona-Krise habe dagegen eine vergleichsweise geringe Rolle beim Anstieg der Privatinsolvenzen gespielt.

"Bei der Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen wirken weiterhin die staatlichen Corona-Hilfsmaßnahmen nach - insbesondere die Aufhebung der Insolvenzantragspflicht, die bis Ende April galt", kommentierte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, die Zahlen. Die Wiedereinführung der Insolvenzantragspflicht mache sich bislang in der Statistik noch nicht bemerkbar.

13.01.2021 11:37

Restschuldbefreiung: Gesetz zur Verkürzung auf drei Jahre in Kraft

Nach mehr als einem Jahr und verschiedenen Gesetzesentwürfen wurde das "Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht” am 17. Dezember 2020 im Bundestag beschlossen und am 30. Dezember 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Damit verkürzt sich die Laufzeit bis zu einer Restschuldbefreiung für Verbraucher, Selbständige und Einzelunternehmer auf drei Jahre. Dies gilt rückwirkend für Insolvenzverfahren, die seit dem 1. Oktober 2020 beantragt worden sind. Es wurden praxisnahe Übergangsregelungen geschaffen

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13.11.2020 09:57

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde verlängert

Bislang bis 30. September 2020 befristete gesetzliche Regelung wurde mit inhaltlichen Einschränkungen bis 31. Dezember 2020 verlängert.

Mit dem im März verkündeten Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht sind Vorschriften zur Aussetzung der Insolvenzantragspflichten in Kraft getreten.

Das Gesetz beinhaltete im Bereich des Insolvenzrechts fünf Maßnahmen:

Die haftungsbewehrte und teilweise auch strafbewehrte dreiwöchige Insolvenzantragspflicht ist vorübergehend bis zum 31. Dezember 2020 ausgesetzt worden. Dies gilt nur für Fälle, in denen die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht. Zudem soll erforderlich sein, dass Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen. Antragspflichtige Unternehmen sollen die Gelegenheit erhalten, ein Insolvenzverfahren durch Inanspruchnahme staatlicher Hilfen, gegebenenfalls aber auch im Zuge von Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarungen, abzuwenden.

Geschäftsleiter haften während der Aussetzung der Insolvenzantragspflichten nur eingeschränkt für Zahlungen, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife des Unternehmens vornehmen.

Während der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht an von der COVID19-Pandemie betroffene Unternehmen gewährte neue Kredite sind nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen.

Während der Aussetzung erfolgende Leistungen an Vertragspartner sind nur eingeschränkt anfechtbar.

Die Möglichkeit von Gläubigern, durch Insolvenzanträge Insolvenzverfahren zu erzwingen, ist für drei Monate eingeschränkt worden.

Durch die Regelungen soll den von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie betroffenen Unternehmen Zeit für die Sanierungsbemühungen und Verhandlungen mit ihren Gläubigern verschafft werden. Die Vorschriften greifen damit flankierend zu den umfassenden staatlichen Hilfsprogrammen.

Die von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte und von der Bundesregierung beschlossene Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen für einen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einzubringenden Gesetzentwurf zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes (COVInsAG) wurde beschlossen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde damit bis zum 31. Dezember 2020 verlängert, dies aber nur für Unternehmen, die überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind.

Die Verlängerung umfasst auch die oben genannten, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht flankierenden weiteren Maßnahmen mit Ausnahme der Einschränkungen der Möglichkeit von Gläubigern, durch Insolvenzanträge Insolvenzverfahren zu erzwingen; diese sind bereits Ende Juni ausgelaufen.

Quelle: BMJV

06.07.2020 12:02

Selbständige mit freigegebenem Betrieb sind nicht zur Offenlegung von Gewinnen im Insolvenzverfahren verpflichtet.

 

Der Bundesgerichtshof hat Selbständige und Freiberufler, die Ihren Geschäftsbetrieb in der Insolvenz in Eigenregie führen und sanieren, den Rücken gestärkt: Zwar sind diese verpflichtet, dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht diejenigen Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, welches Einkommen bei einer abhängigen Beschäftigung erzielt werden könnte. Dies gilt Auskünfte im Hinblick auf Ausbildung und berufliche Erfahrungen in der Vergangenheit aber auch Auskünfte zur Branche, Größe des Unternehmens, Zahl der Angestellten und erzieltem Umsatz. Eine Verpflichtung, zu offenbaren, was im Rahmen der freigegebenen selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit tatsächlich als Gewinn erwirtschaftet wird, besteht hingegen nicht. Insolvenzschuldner mit freigegebenem Gewerbe werden ungeachtet dessen von Insolvenzverwaltern regelmäßig aufgefordert, ihre Gewinnermittlungen mitzuteilen und nachzuweisen.

Der Bundesgerichtshof hat diesbezüglich klargestellt, dass dies nicht rechtmäßig ist. In seiner Entscheidung (IX ZB 165/11) führt er aus:

In der Wohlverhaltensphase hat der selbständig tätige Schuldner auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, aus denen die ihm mögliche abhängige Tätigkeit bestimmt und das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen ermittelt werden kann, nicht jedoch Auskünfte über etwaige Gewinne aus seiner selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit.

Verlangt ein Gericht eine solche – nicht durch § 295 Abs.1 Nr. 3 InsO gedeckte – Auskunft, begründen die Nichterteilung der Auskunft, eine unvollständige oder verspätete Auskunft grundsätzlich keine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO oder nach § 296 Abs. 2 Satz 3 Fall 1 InsO.

Die Entscheidung erfolgte vor diesem Hintergrund:

Stellt ein Selbständiger einen Eigenantrag auf Durchführung des Insolvenzverfahrens nebst Restschuldbefreiungsantrag und kommt es daraufhin zu einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dann ist sowohl das private als auch das geschäftliche Vermögen des Selbständigen vom Insolvenzbeschlag erfasst und gehört zur Insolvenzmasse, die durch den Insolvenzverwalter verwertet wird. Der Insolvenzverwalter hat damit auch ein Zugriffsrecht auf den Neuerwerb des Unternehmens, also auf die während der Fortführung des Gewerbebetriebes in dem Insolvenzverfahren erwirtschafteten Einnahmen (vgl. § 35 Abs. 1, 2. Variante InsO). Nun ist die Fortführung eines Gewerbebetriebs für einen Insolvenzverwalter immer mit dem erheblichen Risiko behaftet, dass die noch bestehenden Vermögenswerte des Schuldners durch die laufenden Kosten der selbständigen Tätigkeit verbraucht werden. Daher hat der Gesetzgeber bereits im Juli 2007 zur Verhinderung einer Gefährdung der Masse die Möglichkeit für den Insolvenzverwalter geschaffen, selbständige Tätigkeiten von Insolvenzschuldnern aus der Insolvenzmasse freizugeben. Gleichzeitig war es Ziel des Gesetzgebers, die Selbständigkeit von Insolvenzschuldnern zu fördern. Seither wird von Insolvenzverwaltern von der Möglichkeit der Freigabe in der ganz überwiegenden Zahl der Einzelunternehmer-Insolvenzen Gebrauch gemacht. Durch diese Freigabeerklärung wird der Schuldner mit seinem Gewerbebetrieb aus dem Insolvenzbeschlag entlassen und bekommt die Verfügungsbefugnis bei der Sanierung seines Betriebes von dem Insolvenzverwalter zurückübertragen.

Die Freigabe erfasst sämtlichen Neuerwerb, also alle Einnahmen, die der Schuldner nach der Freigabe aus seiner selbständigen Tätigkeit erwirtschaftet. Ebenfalls hat der Schuldner danach freien Zugriff auf alle Gegenstände, die nach den Regeln des § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO i. V. m. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zur Fortsetzung der selbständigen Tätigkeit erforderlich sind. Hierzu zählt die notwendige Betriebs- und Geschäftsausstattung, regelmäßig jedoch nicht der noch vorhandenen Warenvorrat. In der Regel ist es allerdings möglich, sich hinsichtlich der Warenvorräte mit dem Insolvenzverwalter auf einen günstigen Erwerb aus der Insolvenzmasse zu einigen. Offene Forderungen gegen Kunden, die bereits vor der Freigabe bestanden haben, verbleiben auch nach der Freigabe als Vermögenswerte bei der Insolvenzmasse, ebenso wie Sachen und Rechte, die nicht zwingend für die Fortsetzung der selbständigen Tätigkeit erforderlich sind. Für den selbständigen Schuldner ist es regelmäßig aber tragbar, dass sein Bestand an Altforderungen und sonstigen nicht betriebsnotwendigen Vermögenswerten bei der Insolvenzmasse verbleibt, nachdem der Insolvenzverwalter das Gewerbe aus der Insolvenzmasse freigegeben hat. Immerhin verliert der Schuldner in der Insolvenz faktisch auch alle bestehenden Schulden aus dem privatem oder geschäftlichem Bereich. Formell bleiben die gegen den Schuldner gerichteten Forderungen zwar zunächst bestehen. Die Gläubiger dürfen die Forderungen jedoch nur nach den Vorgaben der Insolvenzordnung (Anmeldung zur Insolvenztabelle, §§ 87, 174 InsO) geltend machen. Zusätzlich wird das von der Freigabe erfasste Betriebsvermögen durch das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO sowie durch das in der Restschuldbefreiungsphase geltende Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO vor Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen der Altgläubiger geschützt.

Die Freigabe des Geschäftsbetriebes hat jedoch Pflicht des selbständigen Schuldners zur Folge, dessen Gläubiger durch Zahlungen an den Insolvenzverwalter bzw. den Treuhänder so zu stellen, als wäre er ein angemessenes unselbständiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Es ist also zu ermitteln, was beim Schuldner, wäre dieser mit seiner Qualifikation unselbständig beschäftigt, pfändbar wäre. Diese Regel gilt nicht erst in der Restschuldbefreiungsphase, sondern bereits im eröffneten Insolvenzverfahren nach einer Freigabe des Geschäftsbetriebes des Schuldners (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 295 Abs. 2 InsO entsprechend). Entscheidend für den Schuldner dabei, wie die an den Insolvenzverwalter oder Treuhänder zu leistenden Zahlungen tatsächlich zu bemessen sind.

Dabei ist Maßstab das, was vom Schuldner aufgrund seiner persönlichen Lebensumstände wie z. B. Zahl der Unterhaltspflichten, ggfs. Kindererziehung, Berufserfahrung, berufliche Qualifikation usw. als monatliches Netto-Erwerbseinkommen auf dem Arbeitsmarkt erzielt werden könnte. Der pfändbare Betrag ist dann entsprechend der aktuellen Pfändungstabelle zu ermitteln.

Um dem Gericht die Möglichkeit der Überprüfung zu eröffnen, ob der Schuldner bei der Festlegung dieses Betrages keine Fehler gemacht hat, kann es beim Schuldner die dazu erforderlichen Informationen. Das Gericht kann aber nicht verlangen, dass der Schuldner die Gewinne aus seiner aktuellen selbständigen Tätigkeit offenlegt, dies stellt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung klar.

30.06.2020 11:26

Abfindungsforderung im Insolvenzfall

Mit Urteil vom 28.01.2020 hat der Bundesgerichtshof (Az. II ZR 10/19) die jetzt kontovers diskutierte Frage entschieden, inwieweit bei der insolvenzrechtlichen Einordnung des Anspruches auf Zahlung einer Abfindung des bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeschiedenen Gesellschafters haftungs- bzw. kapitalerhaltungsrechtliche Bindungen Berücksichtigung finden.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Kommanditist einer GmbH & Co. KG war als Gesellschafter ausgeschieden, bevor über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Diesem stand bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft ein Abfindungsanspruch gegen die GmbH & Co. KG zu. Den Abfindungsanspruch wollte er als einfache Insolvenzforderung nach § 38 InsO zur Tabelle fesgestellen lassen.

Der BGH hat ihn dazu auf die Schlussverteilung verwiesen. Bei der Auszahlung eines Abfindungsguthabens eines Kommanditisten einer GmbH & Co. KG sei § 30 Abs. 1 GmbHG zu beachten, da die Zahlung mittelbar das Stammkapital der Komplementär-GmbH betreffe. Unzulässig sei eine solche Auszahlung, wenn hierdurch das Vermögen der GmbH unter deren Stammkapitalziffer sinkt oder eine bilanzielle Überschuldung ausgeweitet wird. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben. Darauf, dass der Gläubiger des Abfindungsanspruchs nicht mehr Gesellschafter war, kam es nicht an. Das  Ergebnis war, dass die Forderung weder als einfache, noch als nachrangige Insolvenzforderung zur Tabelle festgestellt werden konnte. Der Kläger wurde auf die Schlussverteilung nach § 199 InsO verwiesen.

25.05.2020 13:18

BGH-Urteil im Dieselskandal

Für Zehntausende Diesel-Fahrer ist nun der Weg für Schadenersatzansprüche gegen die Volkswagen AG eröffnet. In seinem ersten Urteil zum VW-Abgasskandal stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 25.05.2020 fest, dass klagende Käufer ihr Auto zurückgeben und das den Kaufpreis unter Anrechnung der gefahrenen Kilometer zurückfordern können (Az. VI ZR 252/19)

Das oberste Zivilgericht bestätigt mit seiner Entscheidung ein käuferfreundliches Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Es hatte den Volkswagen-Konzern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verpflichtet, einem Käufer eines gebrauchten VW Typ Sharan gut 25.600 Euro zzgl. Zinsen zu erstatten. Der Mann hatte vorgetragen, dass er der Werbung  von VW vertraut und geglaubt hatte, ein "sauberes" Fahrzeug zu kaufen

Derzeit sind schätzungsweise 60.000 Verfahren bei verschiedenen Gerichten anhängig

Der Skandal um die illegale Abgasmanipulation in mehreren Millionen VW-Fahrzeugen war im Herbst 2015 ans Licht gekommen. Damals stellte sich heraus, dass die Stickoxid-Emissionen des Motorentyps EA189 im Praxisbetrieb deutlich höher waren, als bei Tests auf dem Prüfstand.. Dies erreichte VW durch eine Software, die die volle Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand aktivierte. Im Fahrbetrieb war dies dann nicht der Fall.

Gegen das Koblenzer Urteil hatten sowohl der Kläger als auch die Beklagte Revision eingelegt. Der Kläger hatte im Jahr 2014 ca. 31.500 Euro für das Auto bezahlt und wollte den vollen Kaufpreis zurückerstattet bekommen. VW lehnte jegliche Zahlung ab.. Der Konzern hatte dabei argumentiert, die Autos seien jederzeit voll nutzbar gewesen. Den Kunden sei mithin kein Schaden entstanden.

Das BGH-Urteil bedeutet für viele dieser Fälle eine wichtige Richtungsvorgabe. Trotz allem sind noch immer viele Rechtsfragen ungeklärt. Die Karlsruher Richter haben für Juli 2020 bereits weitere Verhandlungen zu anderen Fällen des Dieselskandals angesetzt, weitere werden folgen.

VW kündigte an, den verbleibenden Klägern Einmalzahlungen anzubieten. Man werde mit entsprechenden Vorschlägen auf die Kunden zugehen, erklärte der Konzern. Einmalzahlungen seien eine "pragmatische und einfache Lösung". Die Höhe der Angebote hänge vom Einzelfall ab. VW bezeichnete die Karlsruher Entscheidung als "Schlusspunkt".

Auf den im Rahmen einer Musterfeststellungsklage ausgehandelten Vergleich, den so VW inzwischen rund 240.000 Diesel-Fahrer akzeptiert haben, hat das Urteil jedoch keine Auswirkungen mehr.

06.05.2020 17:01

Entscheidung des EuGHs vom 26.03.2020 zur Widerrufsbelehrung bei Verbraucherdarlehen

Nun steht die nächste Prozessflut von Verfahren hinsichtlich der Widerrufsbelehrung an. Und das könnte erhebliche Auswirkungen auf die Bankenbranche haben.

In aktuellen Zeitungsartikeln wird von einem betroffenen Kreditvolumen von 1,5 Billionen Euro an Baukrediten und Autofinanzierungen gesprochen.

Ausgelöst wird dies durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 26. März 2020 (Aktenzeichen C-66/19).

In diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine im Bankenmarkt übliche Widerrufsbelehrung bei Kreditverträgen den Verbraucher nicht „klar“ und „prägnant“ über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt hat. Damit begann die Widerrufsfrist nicht zu laufen und der Verbraucher kann jetzt noch den Darlehensvertrag widerrufen. Interessant wird dies für den Verbraucher, wenn er eine Finanzierung zu schlechten oder zumindest schlechteren, als den aktuellen niedrigen Zinsen abgeschlossen hat.

Dabei handelte es sich nicht nur um irgendeine Widerrufsbelehrung, sondern um diejenige Widerrufsbelehrung, die zumindest für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge vom 13. Juni 2014 bis 20. März 2016 als Musterwiderrufsinformation gültig war und entsprechend von den Banken verwendet wurde.

Der Fall ging von Saarlouis über Saarbrücken nach Luxemburg

Zusammenfassend stellt sich der zugrunde liegende Fall wie folgt dar:

Die Kreissparkasse Saarlouis schloss im Jahr 2012 mit einem Verbraucher einen Darlehensvertrag über EUR 100.000 mit einem bis zum 30. November 2021 festgeschriebenen Zinssatz von 3,61 % p. a.. Der Kredit wurde durch Grundpfandrechte gesichert. Die Belehrung des Kunden über sein Widerrufsrecht erfolgte mit der „üblichen“ Widerrufsbelehrung.

Am 30. Januar 2016 erklärte der Kunde dann den Widerruf des Darlehensvertrages.

Nach dem Widerruf reichte der Darlehensnehmer Klage beim Landgericht Saarbrücken ein, gerichtet auf Feststellung, dass, kurz gefasst, der Kreissparkasse Saarlouis kein Anspruch auf den vertraglich vereinbarten Zins und auch nicht auf die vertragsgemäße Tilgung seit Ausübung des Widerrufsrechts zusteht.

Das Landgericht Saarbrücken war sich nicht sicher, wie die Regelungen hinsichtlich der Widerrufsbelehrung europarechtlich auszulegen sind. Es setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH am 17. Januar 2019 mehrere Fragen zur Klärung vor. Damit stellte das Landgericht Saarbrücken gegen die derzeitige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Frage.

Der entscheidende Streitpunkt war der sogenannte „Kaskadenverweis“.

Hierbei ging es darum, ob ein sogenannter Kaskadenverweis den europarechtlichen Anforderungen genügt.

Nun stellt sich die Frage, was ein Kaskadenverweis ist.

Die Kreissparkasse Saarlouis belehrte den Kunden über sein gesetzliches Widerrufsrechtmit folgender Widerrufsbelehrung:

„Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.

Die Widerrufsbelehrung wiederum verweist für den Beginn der Frist auf Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB.

Der Wortlaut der Norm lautet wie folgt:

„Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.“

Das Problem, das hierbei entsteht ist, dass die verwendete Widerrufsbelehrung auf ein Gesetz (BGB) verweist, dieses wiederum auf ein anderes Gesetz (EGBGB) verweist. Hierbei handelt es sich um einen sogenannten Kaskadenverweis. Für den Verbraucher ist dies undurchsichtig und unklar.

In Artikel 247 §§ 6 bis 13 EGBGB sind eine Vielzahl von Pflichtangaben enthalten, wie Name und Anschrift des Darlehensgebers, Art des Darlehens, effektiver Jahreszins etc. Insgesamt sind es, abhängig von der Art des Darlehens, ca. 20 Angaben.

Der Bundesgerichtshof hatte 2016 den Kaskadenverweis in Widerrufsbelehrungen für zulässig erklärt.

Der Kaskadenverweis war bzw. ist daher in den jeweiligen Musterwiderrufsinformationen für Verbraucherdarlehen enthalten, mit der Folge, dass eine riesige Anzahl von Verträgen durch die aktuelle Rechtsprechung des EuGH betroffen ist.

Jetzt stellt sich die Frage, was unter Musterwiderrufsinformationen zu verstehen ist.

Der deutsche Gesetzgeber hat Musterinformationen erlassen, um den Banken die Erstellung von Widerrufsbelehrungen zu erleichtern. Bisher galt damit, dass wenn die jeweilige Bank diese Musterinformationen für die von Ihr verwendeten Widerrufserklärungen berücksichtigt, sie die alle Anforderungen an eine wirksame Widerrufsbelehrung erfüllt hatte. Mithin haben sich sämtliche Banken an diesen Musterwiderrufsinformationen orientiert.

Dabei  gibt es zwei Arten von Musterwiderrufsinformationen:

  1.  Musterwiderrufsinformationen für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge

   2. Musterwiderrufsinformationen für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge

Die Musterwiderrufsinformationen werden laufend geändert und aktualisiert.

Einen Kaskadenverweis enthielten die Musterwiderrufsinformationen für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge vom 30. Juli 2010 bis 20. März 2016.

Seit dem 21. März 2016 war der Kaskadenverweis entfallen.

Die aktuell gültigen Musterwiderrufsinformationen für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge enthalten wiederum ebenfalls einen Kaskadenverweis.

Der EuGH stellt sich gegen Kaskadenverweis.

Nach europäischem Recht muss eine Widerrufsbelehrung in „klarer und prägnanter Form“ angeben, ob ein Widerrufsrecht besteht, und zudem Angaben bezüglich der Frist und weiteren anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher enthalten.

Die Widerrufsbelehrung muss sich daran messen lassen, ob die Information klar und prägnant ist.

Aus der Entscheidung des EuGH kristallisieren sich zwei Aussagen heraus:

1.        Die Widerrufsbelehrung muss auch über die vorgesehenen Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist in klarer und prägnanter Form informieren.

2.        Der Kaskadenverweis in der Widerrufsbelehrung erfüllt nicht die Anforderungen an eine klare und prägnante Information für die Berechnung der Widerrufsfrist. Möchte der Verbraucher feststellen, ob die Widerrufsfrist begonnen hat, müsste er mehrere Gesetze zur lesen, die Pflichtangaben aus den Gesetze erkennen und prüfen, welche der Pflichtangaben noch nicht in seinem Vertrag erfüllt sind.

Gerade dies ist nach Ansicht des EuGHs nicht klar und prägnant.

Welche folgen ergeben sich aus der Rechtsprechung des BGH?

Für die deutschen Banken hat die Entscheidung des EuGHs weitreichende Folgen.

Hierzu muss man nochmals die Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung rekapitulieren.

Die Frist zum Widerruf beginnt nicht zu laufen.

Daher kann grundsätzlich der Widerruf auch Jahre später, also unbefristet erklärt werden.

Der Kunde muss bei einem erklärten Widerruf das Darlehen sofort zurückzahlen, kann aber aufgrund der aktuell günstigen Zinssituation günstig umschulden, indem er ein günstigeres Darlehen aufnimmt.

Hierzu ein konkretes Beispiel: Bei einem Darlehenszins von 1,5 statt 4,5 Prozent kann der Kunde bei einer Restschuld von 180.000 Euro und einer Restlaufzeit von rund viereinhalb Jahren etwa 24.000 Euro sparen.

Die vorliegende Entscheidung betrifft eine derzeit noch nicht überschaubare Menge an Darlehensverträgen, da die meisten Musterwiderrufsinformationen den Kaskadenverweis enthalten.

Wie es weitergeht, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer abschätzen.

Bankenverbände fordern die Einschaltung der Politik, da sie erhebliche, vielleicht sogar existenzielle Probleme sehen. Es bleibt abzuwarten, wie die weiteren Instanzen nach dem Landgericht Saarbrücken, insbesondere der Bundesgerichtshof mit dem EuGH-Urteil umgehen.

Es ist aber zu erwarten, dass es eine Welle von Klagen mit dem Thema „Widerrufsbelehrung“ geben wird.

Potentiell sind fast 20 Millionen Autokredit- und Leasing-Verträge betroffen. Das Gesamtvolumen  beträgt dabei rund 300 Milliarden Euro. Bei Baukrediten für private Haushalte geht es vermutlich um Darlehensvolumina von insgesamt rund 1,1 Billionen Euro.  Baukredite, die zu ungünstigen Konditionen abgeschlossen wurden, kosten heute anstatt noch vor geraumer  Zeit z.B. 3,5 Prozent nur noch 0,75 Prozent. Das bedeutet für Verbraucher einen Unterschied etlichen Tausend Euro Zinsen über die Laufzeit mehrerer Jahre“

Der BGH vertritt mit seinem Beschluss vom 31.03.2020 (BGH XI ZR 198/19) eine bankenfreundliche Auffassung: Da der deutsche Gesetzgeber genau die vom EuGH angegriffene Widerrufsbelehrung in ihrem Wortlaut formuliert habe, gelte ein weitreichender Rechtsschutz für die Banken. Bei textgetreuer Übernahme der gesetzlichen Belehrung bestehe kein Widerrufsrecht gegen die darlehensgewährende Bank. Möglicherweise könnte dadurch der Weg zu einer Staatshaftung wegen fehlerhafter Richtlinienumsetzung eröffnet sein. Die Darlehensnehmer könnten danach ihre Ansprüche gegen den deutschen Staat richten.

Wenn Sie eine Beratung oder Vertretung zu der Problematik brauchen, sprechen Sie mich an!

22.04.2020 13:10

Corona-Soforthilfe und Subventionsbetrug

Die Hilfe aus dem Soforthilfeprogramm soll möglichst schnell und unbürokratisch bei den Kleinstunternehmen, Soloselbständigen und Angehörigen der Freien Berufe ankommen, die aufgrund der Corona-Krise in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind. Deshalb wäre es nicht praxisgerecht, wenn die Bewilligungsstellen der Länder bei jedem Antrag umfangreiche Nachweise überprüfen. Stattdessen wird eine glaubhafte und strafbewehrte Versicherung der Antragsteller eingefordert.

Die Antragsteller müssen aber in dem Antragsformular erläutern, inwiefern ihre wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Pandemie wesentlich beeinträchtigt und ihre wirtschaftliche Existenz dadurch bedroht ist. Grundsätzlich fordert der Bund einen Liquiditätsengpass, denn die Soforthilfe ist für die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen in Folge der Coronakrise gedacht. Die Unternehmen müssen in eine existenzielle Notlage geraten sein. Ein alleiniger Verweis auf die Corona-Krise und die damit einhergehenden gravierenden Nachfrage- und Produktionsausfälle, unterbrochene Lieferketten, Stornierungswellen, Honorarausfälle, massive Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüche sind kein ausreichender Grund für eine Förderung.

Die Soforthilfe bemisst sich an der Höhe der anfallenden betrieblichen (Sach-)Kosten ab 11. März 2020, die auf Grund der Corona-Krise ohne Eigen- oder Fremdmittel nicht mehr beglichen werden können. Ein Verdienst- oder Einnahmeausfall alleine ist kein Liquiditätsengpass!

Der Liquiditätsengpass ergibt sich aus dem Differenzbetrag der entsteht, wenn die Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen abgezogen werden. Um Corona-Soforthilfe beantragen zu können, müssen in der Regel zuvor die Liquiditätsreserven aufgebraucht werden.

Es muss an dieser Stelle deutlich gemacht werden, dass und warum die laufenden Kosten (nur Sach- und Finanzaufwand, bspw. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten – kein Personalaufwand - in welcher Art und Höhe) jetzt oder in naher Zukunft nicht mehr selbst gedeckt werden können.

Freiberufler, die sich für besonders schlau halten, indem sie einfach im April keine Rechnungen mehr schreiben und diese in den Mai schieben, um hierdurch einen Umsatzrückgang herbeizuführen, wird dringend geraten, genauer hinzuschauen: Sie versichern bei Antragsstellung nämlich, dass ihre wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist. Wer aber seinen Umsatzrückgang durch den Verzicht auf das Abrechnen von Leistungen selbst herbeiführt oder deren Beitreibung nicht nachgeht, ist nicht schutzwürdig und kann einen Umsatzrückgang auch nicht auf die Corona-Krise schieben.

Bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschangaben müssen die Antragsteller mit Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs rechnen.

Wie kann der Antragssteller ermitteln, ob seine derzeitigen Liquiditätsengpässe coronabedingt sind oder nicht etwa andere Gründe haben?

Hier ergibt sich zunächst die Möglichkeit, Vergleichsrechnungen im Hinblick auf die Bezugsmonate des Vorjahres z.B. durch betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA´s) vorzunehmen. Sollten die Umsätze danach ähnlich (gering) sein oder nur leichte Rückgänge zu verzeichnen sein, dürfte die Voraussetzungen für das Recht auf Inanspruchnahme der Subventionen nicht vorliegen.    Hierfür können in der Begründung beispielsweise Vorjahresumsätze mit aktuellen Umsätzen verglichen und probeweise berechnet werden, ob sich bei gleichen Bedingungen wie im Vorjahr kein Engpass ergeben hätte.

Auch eine entsprechende Vergleichsrechnung der Umsätze in den Monaten vor der Corona-Problematik kann aufschlussreich sein. Wenn die Umsatzzahlen in den Vormonaten ähnlich gering waren, wie im coronarelvanten Zeitraum dürfte es im Falle einer Überprüfung schwer sein, zu argumentieren, dass die geringen Umsätze nicht andere Gründe haben.

Wer dann lapidar argumentiert, dass seine Kunden durch Corona zahlungsunfähig seien wird entsprechende Nachweise bringen müssen. Wenn in diesem Zeitraum z. B. überhaupt keine Rechnungen geschrieben wurden oder das Mahnwesen nicht entsprechende Sachverhalte nachweisbar macht, wird sich erheblichen Problemen stellen müssen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat bereits angekündigt, gegen den missbräuchlichen Bezug finanzieller Corona-Hilfen hart vorzugehen. "Einige wenige schwarze Schafe gefährden so die schnelle Auszahlung für viele Tausend Ehrliche, die diese Hilfe jetzt dringend brauchen", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Obergrenze für die Höhe der Förderung entspricht dem unmittelbar infolge der Corona-Pandemie verursachten Liquiditätsengpass, maximal jedoch den in der Richtlinie genannten Förderbeträgen.

Oft wird, vermutlich im Hinblick auf die einfache Beantragung, der mögliche Maximalbetrag beantragt, ohne die konkret im Bezugszeitraum tatsächlich anfallenden betrieblichen Kosten zu berücksichtigen.

Beispiel:

Einzelunternehmer im Dienstleistungsbereich hat monatliche (Sach-) Kosten von € 1.000,00 und beantragt eine Soforthilfe für 3 Monate über € 9.000,00.

Selbst wenn die privaten Lebenshaltungskosten einzubeziehen wären, müsste sich am dann zu ermittelnden Gesamtbetrag der Förderbetrag bemessen werden.  In Baden-Württemberg ist in den Förderrichtlinien z. B. von einem kalkulatorischen Pauschalbetrag von 1.180 Euro pro Monat die Rede.

Im oben genannten Bespiel würde sich dann bei völligem Ausbleiben betrieblicher Einnahmen folgende Rechnung ergeben:

Betriebliche Kosten:                                                 € 1.000,00

Pauschalbetrag Lebenshaltung:                              € 1.118,00

Monatliche Kosten:                                                   € 2.118,00

Maximaler Förderbetrag für drei Monate:             € 6.354,00

Auch bei Berücksichtigung der pauschalisierten monatlichen Lebenshaltungskosten hätten nur € 6.354,40 und nicht € 9.000,00 beantragt werden dürfen.

Immer vorausgesetzt, dass überhaupt coronabedingt  Umsatzeinbrüche zu verzeichnen sind, die die wirtschaftliche Existenz bedrohen.

Grundsätzlich läuft die Beantragung wie folgt ab:

Der Antragsteller beantragt eine einmalige Soforthilfe, deren Höhe sich bis zur Höchstgrenze von 9.000 bzw. 15.000 Euro an dem vom Antragsteller glaubhaft versicherten Liquiditätsengpass für drei aufeinander folgende Monate orientiert.

Der Antragsteller legt bei der Angabe, in welcher Höhe er die Billigkeitsleistung beantragt, seinen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zugrunde. Dieser wird auf der Basis seines voraussichtlichen Umsatzes sowie des betrieblichen Sach- und Finanzaufwands für die drei auf die Antragstellung folgenden Monate ermittelt. Sofern die Soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der Sach- und Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war, ist das Unternehmen zu einer Rückzahlung des überzahlten Betrags verpflichtet.

Nach Ablauf des Förderzeitraumes muss dann anhand der feststehenden, konkreten Zahlen die konkrete Situation der bei Beantragung der Soforthilfe prognostizierten Situation gegenübergestellt werden. Dann kann der konkrete Liquiditätsengpass berechnet werden. Zuviel erhaltene Subventionen sind dann zurückzuzahlen.

Zur Verdeutlichung wird das obige Beispiel noch einmal aufgegriffen:

Es wurden Subventionen über € 9.000,00 ausbezahlt.

Betriebliche Kosten:                                                 € 1.000,00

Pauschalbetrag Lebenshaltung:                              € 1.118,00

Monatliche Kosten:                                                   € 2.118,00

Maximaler Förderbetrag für drei Monate:             € 6.354,40

Tatsächliche Betriebliche Einnahmen:                   € 4.500,00

Vom maximalen Förderbetrag auf Basis der Kalkulation bei Beantragung, € 6.354,00 wären die tatsächlich erwirtschafteten Einnahmen, € 4.500,00 abzuziehen. Der Förderanspruch beläuft sich dann auf tatsächliche € 1.854,00. Wenn jedoch der maximale Betrag von € 9.000,00 beantragt und auch ausgezahlt wurde, muss dann die Differenz zwischen Auszahlungsbetrag und Förderanspruch, mithin € 7.146,00 zurückbezahlt werden.

Viele Antragssteller dürften sich nicht im Klaren darüber sein, dass der Förderbetrag nur dann nicht zurückbezahlt werden muss, wenn die Kalkulation bei der Beantragung sich auch mit der ex post Betrachtung deckt.

Auch durch die Kombination von mehreren Hilfsprogrammen kann es zu einer Überkompensation kommen. Die Überprüfung, ob eine Überkompensation vorliegt, wird auf der Grundlage der allgemeinen Verfahren, beispielsweise im Rahmen der Steuererklärung für das Jahr 2020, erfolgen und kann bei Verdacht auf Subventionsbetrug auch zu einer Strafverfolgung führen.

Insoweit erscheint es zweckdienlich, ab 2021 vermehrt Betriebsprüfungen bei solchen Unternehmen durchzuführen, die die Fördermittel beantragt haben. Im Rahmen der Prüfung wäre dann konkret nachzuweisen, ob die Angaben im Antrag, die an Eides Statt erklärt wurden, wahrheitsgemäß gemacht wurden und auch nach Ablauf des Förderzeitraumes entsprechende Rückzahlung überobligatorisch erhaltener Fördermittel erfolgt ist.

Die rasche Auszahlung war und ist notwendig, aber gegen Betrug und Missbrauch muss konsequent und mit Härte gehandelt werden. Zu Missbrauch sei es vor allem bei der Beantragung des Sofortprogramms für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen gekommen.

Die Bundesregierung muss in diesem Jahr wohl so viele Schulden aufnehmen wie nie. Das Finanzministerium rechnet mit Kosten für die Hilfsprogramme von 122,8 Milliarden Euro allein 2020. Zugleich kommen wohl 33,5 Milliarden Euro weniger Steuern rein. Deshalb plant Minister Olaf Scholz (SPD) eine Neuverschuldung von 156,3 Milliarden Euro. Das sind ungefähr 100 Milliarden mehr als die Schuldenbremse im Grundgesetz erlaubt. Diese soll deshalb erstmal außer Kraft gesetzt werden. Das geht über eine Notfallregel.

Bei den Landesmitteln ist es oft ähnlich, es kann aber auch Abweichungen geben. Hier sind die Voraussetzungen im jeweiligen Bundesland gesondert zu prüfen. Allerdings ist auch dies aktuell schwierig, da momentan aufgrund der schnellen Umsetzung der Hilfsprogramme noch einiges unklar ist. Das gilt im Übrigen auch für die Bundesmittel.

Muss ein Liquiditätsengpass vorliegen um Soforthilfe beantragen zu können oder reicht bereits ein Auftrags- und damit einhergehender Umsatzrückgang?

Die Anträge in den Bundesländern sind sehr unterschiedlich ausgestaltet. In dem Antrag von Schleswig-Holstein ist zum Beispiel auch die Möglichkeit, dass der Betrieb aus behördlicher Anordnung geschlossen wurde, gegeben. In Hamburg hingegen kann es ausreichend sein, dass die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 11. März krisenbedingt weggefallen sind oder ein Umsatz- oder Honorarrückgang von mind. 50 Prozent vorliegt. Nur dann, wenn diese Dinge zu existenzbedrohlichen Liquiditätsengpässen geführt haben, soll es die Unterstützung geben.

Kann man auch Soforthilfe beantragen, wenn die Liquidität zwar noch gegeben ist, jedoch zunehmend die Aufträge in erheblichem Maße zurückgehen?

Dies ist momentan noch unklar. Nach den aktuell vorliegenden Informationen des Bundes wird aber davon ausgegangen, dass ein Liquiditätsengpass bereits vorliegen muss. Der Antragsteller muss versichern, dass er gerade durch die Coronapandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Es muss damit gerechnet werden, dass die Angaben zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden.

Wie wird die Höhe des entstandenen Liquiditätsengpasses berechnet und wie kann diese nachgewiesen werden?

Auch dies ist momentan noch nicht abschließend zu sagen, da nicht bekannt ist, welche Nachweise akzeptiert werden. Beim Antrag ist zunächst nur zu versichern, dass ein Liquiditätsengpass eingetreten ist. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass anhand der konkreten Zahlen des Unternehmens und dessen BWA´s zu einem späteren Überprüfungszeitpunkt genau nachvollzogen werden kann, wie sich die Lage zum Zeitpunkt der Antragstellung dargestellt hat. Unterlagen wie Kontoauszüge, Kassennachweise und Nachweise über die aktuellen laufenden Verpflichtungen, wie Darlehens-, Leasing oder Mietverträge werden dann zur Prüfung heranzuziehen sein.

Zur Ermittlung des entstandenen Liquiditätsengpasses sollte man die vorhandenen betrieblichen liquiden Mittel und ggf. zu erwartenden Gelder den bestehenden Ausgaben, wie z. B. Miete/Pacht, Darlehens- und Leasingraten aber auch für Versicherungen und Steuerberater gegenüberstellen. Beiträge zur Krankenversicherung oder Altersvorsorge sing keine betrieblichen Sachkosten. Ergibt bei dieser Vergleichsrechnung ein negativer Betrag, besteht ein Liquiditätsengpass. Ob dieser coronabedingt ist, steht auf einem anderen Blatt.

Muss das Privatvermögen zunächst eingesetzt werden, bevor ein Zuschuss beantragt werden kann?

Auch hierüber herrscht noch Unklarheit. Die überwiegende Meinung geht wohl davon aus, dass dies nicht der Fall ist. Es handelt sich ja um Unterstützungen für die Unternehmen. Allerdings schreibt z. B. das niedersächsische Förderinstitut NBank, dass vor Inanspruchnahme der Soforthilfe verfügbares liquides Vermögen einzusetzen ist. Nicht mit anzurechnen sind dort langfristige Altersversorgungen, Aktien, Immobilien oder Mittel, die für den Lebensunterhalt benötigt werden.

Wurden aus betrieblichen Mitteln Rücklagen für künftig fällig werdende betriebliche Verpflichtungen gebildet, wie z. B. Rückstellungen für künftige Abgabenforderungen, so dürften diese zunächst einzusetzen sein, bevor Fördermittel zu beanspruchen sind. Auch wenn die Mittel dann bei künftigen Steuerverpflichtungen fehlen, besteht die Möglichkeit, Stundungen bei der Finanzverwaltung zu beantragen.

Laut dem hessischen Wirtschaftsministerium hingegen muss ein "massiver finanzieller Engpass im betrieblichen Bereich entstanden sein". Das könnte so ausgelegt werden, dass im privaten Bereich liquide Mittel vorhanden sein dürfen. Auch müssen private Rücklagen, wie z. B. die Lebensversicherung, nicht aufgebraucht werden, um den Zuschuss zu beantragen.

Darf der Zuschuss von einem selbständigen Einzelunternehmer oder Freiberufler verwendet werden, um private Kosten wie die Miete und Lebensmittel zu bezahlen?

Dieser Punkt wird rege diskutiert, eine abschließende Klärung steht derzeit jedoch noch aus. Allerdings stellt sich immer mehr heraus, dass dies wohl nicht der Fall ist. Während z. B. die Fördermittel ausgebende Investitionsbank in Schleswig-Holstein noch kürzlich dahingehend informierte, dass auch die privaten Unterhaltskosten in der Soforthilfe mit eingeschlossen sind, gibt es zwischenzeitlich einen Widerruf dieser Information.

Das schleswig-holsteinische Finanzministerium hat kürzlich später klargestellt, dass es sich um einen betrieblichen Sach- und Finanzaufwand handeln muss. In Baden-Württemberg hingegen ist in einer Fußnote der Förderrichtlinien explizit aufgeführt, dass bei Personengesellschaften, wie z. B. GbR, KG oder OHG auch ein Pauschalbetrag für den Lebensunterhalt zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten hinzugezählt werden kann.

Wenn es auch im Privatbereich zu Engpässen kommt, ist hierfür die Grundsicherung zuständig. Die Zugangsmöglichkeiten sollen entsprechend gelockert worden sein.

Wie berechnen sich die Kosten für den Lebensunterhalt?

Wie bereits oben erörtert, ist der Lebensunterhalt in den meisten Fällen nicht durch die Soforthilfe gedeckt. In dem genannten Fall von Baden-Württemberg ist in den Förderrichtlinien von einem kalkulatorischen Pauschalbetrag von 1.180 Euro pro Monat die Rede. Den gleichen Betrag findet man auch in Niedersachsen, aber auch hier beschränkt auf Personengesellschaften.

Ist es möglich, Zuschüsse vom Bund als auch vom Land beantragen?

Bundes- als auch Landeszuschüsse nebeneinander beantragt werden. Diese werden in der Regel auch parallel gewährt. Hierbei sind die speziellen landesrechtlichen und auch die De-minimis-Regelungen zu berücksichtigen.

Was bedeutet De-minimis ?

De-minimis ist ein Begriff aus der Bereich der Fördermittel. Kurz zusammengefasst geht es darum, dass aufgrund von EU-Regelungen durch Fördermittel von EU, Bund und Ländern einen bestimmten Umfang nicht überschritten werden dürfen.

Zur Vereinfachung der Prüfung dieser De-minimis-Regelung ist bei den relevanten Beihilfen eine sogenannte De-minimis-Erklärung abzugeben. In dieser Erklärung sind alle De-minimis-Beihilfen anzugeben, die ein Unternehmer bzw. ein Unternehmen in einem gewissen Zeitraum, in der Regel die letzten drei Jahre, erhalten hat.

Die Erklärung sollte in jedem Fall vollständig abgegeben werden. Dies folgt daraus, dass bei falschen Abgaben ein Subventionsbetrug vorliegen kann.

Sind die Zuschüsse zurückzuzahlen?

Derjenige, der Bundeszuschüsse aus den Corona-Soforthilfen rechtmäßig (siehe oben, Rechenbeispiel) erhalten hat, muss diese nicht zurückzahlen. Bei den Landeszuschüssen gelten auch hier ggf. abweichende Regelungen. Wer die Zuschüsse jedoch zu Unrecht erhalten hat, muss mit einer Rückforderung rechnen. Wer die Mittel aufgrund von unrichtigen Angaben erhält, hat zusätzlich strafrechtliche Konsequenzen zu erwarten.

Müssen ich Zuschüsse dann zurückgezahlt werden, wenn trotz der Soforthilfe innerhalb der nächsten Wochen ein Insolvenzantrag gestellt wird?

Dies ist nicht der Fall. Es sei denn, die Fördermittel wurden zu Unrecht ausgezahlt. Dann ist auch in diesem Fall mit einer Rückforderung zu rechnen. Hier ist dann auch damit zu rechnen, dass in einem Insolvenzverfahren die Forderungen mit der Qualifizierung einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung angemeldet und entsprechend zur Tabelle Festgestellt werden. Für natürliche Personen hat dies zur Folgen, dass die entsprechend festgestellten Forderung von einer Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommen sind und nach Ende des Verfahrens für mindestens 30 Jahre durchgesetzt werden können.

Zählen die ausgezahlten Zuschüsse zu den Betriebseinnahmen?

Die ist der Fall, der Zuschuss ist als Betriebseinnahme zu erfassen und als solche zu versteuern.

Sollte sich aus der entsprechenden Steuererklärung positive Einnahmen ergeben, die möglicherweise dank der Hilfe über denen der Vorjahre liegen oder rechnerisch gar keine existenzbedrohende Situation vorgelegen hat, ist mit einer entsprechenden Steuer- bzw. Betriebsprüfung zu rechnen, mit den oben bereits dargestellten Sanktionierungen.

Sind die Zuschüsse steuerfrei oder unterliegen sie dem Progressionsvorbehalt?

Die Zuschüsse sind weder steuerfrei, noch unterliegen sie dem Progressionsvorbehalt. Denn der Zuschuss ist grundsätzlich als Betriebseinnahme steuerpflichtig. Allerdings wirkt sich das erst dann aus, wenn die Steuererklärung für 2020 eingereicht werden muss. Also frühestens im nächsten Jahr 2021. Und nur dann, wenn im Jahr 2020 ein positiver Gewinn erwirtschaftet wurde, wird auf den Zuschuss der individuelle Steuersatz fällig.

Ist es möglich, dass die Fördermittel ausgehen, bevor man den Antrag gestellt hat?

Dies ist ex ante schwer zu beurteilen. Grundsätzlich muss immer damit gerechnet werden, dass Fördermittel ausgehen, bevor jeder grundsätzlich Berechtigte einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Insbesondere das Förderprogramm des Bundes ist großzügig ausgestattet, so dass vorerst nicht damit gerechnet werden muss, dass die Gelder ausgehen. Zudem dürfte ein großes Interesse der Politik gegeben sein, dass jeder, der zu Recht die Fördermittel beantragt, diese auch erhält. Entsprechendes gilt für Landesfördermittel. Gänzlich auszuschließen ist eine Begrenzung jedoch nicht.

Welche Konsequenzen sind zu erwarten, wenn die Zuschüsse zu Unrecht beantragt wurden?

Wie zuvor dargestellt, können die Gelder, die zu Unrecht vereinnahmt worden sind, zurückgefordert werden. Sofern lediglich eine Rückforderung erfolgt, ist man mit „einem blauen Auge“ davongekommen. Es muss jedoch, insbesondere bei falschen Angaben, damit gerechnet werden, dass eine strafrechtliche Verfolgung erfolgt. Hierbei folgen Strafverfahren wegen Subventionsbetrug oder falscher Versicherung an Eides statt handeln. Diese Delikte sind mit empfindlichen Strafen bedroht. Subventionsbetrug in besonders schweren Fällen kann mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet werden. Bei leichtfertiger Tatbegehung gibt es Freiheitsstrafen bis sechs Monate oder Geldstrafen.

Die Straftatbestände:

§ 264 StGB

Subventionsbetrug

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind,

2. einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet,

3. den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder

4. in einem Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebraucht.

(2) 1 In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. 2 Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt,

2. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder

3. die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung mißbraucht.

(3) § 263 Abs. 5 gilt entsprechend.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 ist der Versuch strafbar.

§ 156 StGB

Falsche Versicherung an Eides Statt

Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

01.04.2020 13:38

Auswirkungen der COVID-19 (Corona) Pandemie auf Mietverträge

 

Die Corona-Pandemie betrifft auch die Immobilienwirtschaft erreicht. In 14. KW 2020 2020 kündigten diverse Unternehmen an, den Mietzins aufgrund der Auswirkungen der Corona Pandemie nicht mehr zu begleichen. Andere Unternehmen verlangten eine Stundung oder eine Reduzierung der Miete aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Diesbezüglich wurde von zahlreichen Mietern unter Anderem die Frage aufgeworfen, ob durch die behördliche Schließung von Ladengeschäften und Gastronomiebetrieben und auch von Dienstleistern zur Ausübung deren Tätigkeit angemieteten Räumlichkeiten die Geschäftsgrundlage dieser Mietverträge oder der vertraglich vereinbarte Gebrauch der Mietsache so erheblich  gestört ist, dass die Miete eventuell vollständig zu kürzen ist.

I. Kündigungsausschluss im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Der Gesetzgeber hat auf die o. g. Fragestellung schnell reagiert. Bereits am 27. März 2020 wurde das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19- Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht verabschiedet, welches auch eine Regelung für Mietverhältnisse enthält:

Kann ein Mieter aufgrund der COVID-19-Pandemie eine fällige Miete in der Zeit zwischen 1. April 2020 und 30. Juni 2020 nicht leisten, so  kann der Vermieter ihm nicht aufgrund dieses Zahlungsrück-standes kündigen. Die Regelung gilt sowohl im Wohnraummietrecht als auch wie im Gewerbemietrecht. Sie gilt für Verbraucher ebenso wie für Kleinunternehmer, Mittelständler und Großkonzerne. Die Regelung ist nicht dispositiv und kann daher nicht durch einen Vertrag abgeändert werden. Dies gilt für bereits bestehende vertragliche Regelungen ebenso wie für Verträge, die jetzt neu  abgeschlossen werden. Der Mieter hat zwei Jahre Zeit, die Zahlungen nachzuholen, sodann lebt das Kündigungsrecht  wieder auf. Der Zeitraum endet im Juni 2022.

Dies betrifft nicht nur Mietverträge, sondern gilt auch im Hinblick auf Pachtverträge.

Die neue gesetzliche Regelung ist eine Ausnahme von dem generellen zivilrechtlichen Grundsatz, dass die Leistungsunfähigkeit des Schuldners aufgrund wirtschaftlicher Probleme nicht von der Leistung und insofern auch nicht von den Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen oder nicht vollumfänglichen Leistung befreit. Grundsätzlich kann der Vermieter den Mietvertrag kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung des Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Zahlungstermine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht, vgl. insoweit § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Im Wohnraummietrecht bestehen abweichende Kündigungsrechte bei Zahlungsverzug unter § 569 und § 573 BGB.

Diese Kündigungsmöglichkeiten werden nun nur vorübergehend außer Kraft gesetzt, wenn der Zahlungsverzug auf Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Gesetzesbegründung stellt heraus, dass für den Fall, dass die Nichtleistung des Mieters auf anderen Gründen beruht, zum Beispiel, weil er zahlungsunwillig ist oder seine Zahlungsunfähigkeit auf anderen Ursachen als der COVID-19-Pandemie begründet ist, die Kündigung gerade nicht ausgeschlossen ist. Nach dem Gesetzeswortlaut muss die Nichtleistung lediglich auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Dieser Wortlaut ist unspezifischer als z. B. die Maßnahmen zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie im Hinblick auf das Darlehensrecht. Dort gilt als Anknüpfungspunkt, dass Ausfälle von Einnahmen durch die Pandemie hervorgerufen werden, welche die Zahlung des Kapitaldienstes, also von Zins- und Tilgungsleistungen unzumutbar machen.

Der direkte Zusammenhang zwischen den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der Nichterbringung der geschuldeten Leistungen muss durch den Mieter glaubhaft gemacht werden. Hierfür muss er Tatsachen darlegen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass seine Nichtleistung auf der Pandemie beruht. Diese Glaubhaftmachung kann dabei durch Versicherung an Eides statt erfolgen. Ebenso kann die Glaubhaftmachung durch Vorlage von Bescheiden über die Gewährung von Unterstützungsmaßnahmen oder Nachweise über den Verdienstausfall erfolgen.

Nach der Begründung der gesetzlichen Regelung soll es für eine Glaubhaftmachung im Recht des Gewerbemietvertrages ausreichend sein, wenn der Betrieb des Gewerbes oder der  im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie behördlich untersagt oder erheblich eingeschränkt wurde. Hiervon betroffen sind die zahlreichen Betriebe des Einzelhandels, die ihre Läden und Geschäftslokale nicht mehr öffnen können, ebenso wie die Gastronomie und Hotels. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass ein Mieter allein durch den Hinweis auf eine behördliche Anordnung der Schließung seines Ladengeschäfts die Miete verweigern darf, ohne eine Kündigung befürchten zu müssen. Nachdem ein großer Sportartikelhersteller und diverse Handelsketten in der Öffentlichkeit kundgetan hatten, keine Miete für ihre Ladengeschäfte mehr zahlen zu wollen, folgte in den letzten Tagen eine umfassende öffentliche Diskussion der Problematik. Die Bundesjustizministerin erklärte in diesem Zusammenhang, die Regelung habe nur Geltung für Unternehmen, die tatsächlich infolge der Krise in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geraten sind. Tatsächlich steht an anderer Stelle in der Gesetzesbegründung, die Kündigung solle nicht ausgeschlossen sein, wenn die Nichtleistung auf Zahlungsunwilligkeit des Mieters beruhe. Zahlreiche Handelsketten könnten insoweit trotz der  durch die COVID-19-Pandemie bedingten Umsatzausfälle durch gestiegene Einnahmen im Onlinehandel ihre wirtschaftlichen Verluste ausgleichen. Einige Restaurants z. B. profitieren von Lieferangeboten.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Regelung gerade nicht so weit geht, wie das generelle Moratorium für schuldrechtliche Leistungen, welches ausdrücklich das Mietrecht ausnimmt. Damit bleibt die Miete grundsätzlich geschuldet und mithin auch fällig. Dies bedeutet, dass auch Fälligkeitszinsen in gesetzlicher oder vertraglich vereinbarter Höhe anfallen. Auch verbleibt nach dem Stand der Dinge eine Haftung des Mieters für weitere Schäden des Vermieters, welche durch die Nichtleistung verursacht werden. Der Vermieter hat die Möglichkeit, seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen und sich unter Umständen auch die Verwertung der vom Mieter gestellten Sicherheiten schadlos halten.

Das Gesetz enthält zudem eine Verordnungsermächtigung, die es der Bundesregierung ermöglichen würde, die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis längstens 30. September 2020 entstanden sind. Hiermit wird die Flexibilität der Bundesregierung geschaffen, auf die noch ungewisse zeitliche Dimension der Krise zu reagieren.

II. Hat der Mieter einen Anspruch auf Reduktion der Miete?

Bereits vor dem Bekanntwerden der Maßnahmen des Gesetzgebers wurde diskutiert, ob der Mieter auf Grund der COVID-19-Pandemie nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder als Mietminderung die Miete reduzieren oder sogar vollumfänglich verweigern darf. Die entsprechende Diskussion ist noch nicht abgeschlossen und die Behandlung dieser Fälle durch die Gerichte in Anbetracht des noch nicht abschätzbaren Ausmaßes der Beschränkungen noch unabsehbar.

Aus der Rechtsprechung und Literatur können jedoch einige Leitlinien entwickelt werden.

Relevant dürfte bei der Bewertung auch sein, dass die neue Regelung im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht die Miete grundsätzlich als fällig behandelt (siehe oben). Daraus kann abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber im typischen Fall keinen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder der Minderung allein auf Grundlage der bislang erlassenen behördlichen Schließungen von Ladengeschäften oder Gastronomie annimmt. Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass eine Mietreduktion nur in engen Einzelfällen, je nach mietvertraglicher Regelung oder konkretem Mietzweck in Frage kommen. Die Darlegungslast trifft dabei den Mieter, der sich um klaren sein sollte, dass er die Voraussetzungen schlüssig darlegen und im Streitfall auch substantiiert beweisen können muss.

1. Wegfall der Geschäftsgrundlage

Grundsätzlich kann ein Vertragspartner und damit auch der Mieter nach § 313 BGB, eine Vertragsanpassung verlangen, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dies ist jedoch nur möglich, wenn und soweit dem Mieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Mietvertrag nicht zugemutet werden kann. Eine solche Vertragsanpassung wäre in etwa der Erlass, die Reduktion der Miete oder die Stundung der Miete.

Die im Gesetz und auch vertraglich angelegte Risikoverteilung zwischen den Parteien des Mietvertrages ist jedoch zu beachten. Die Veränderung muss so grundlegend sein, dass sie nicht in den Risikobereich einer Partei fällt. Bei einem Mietvertrag trifft den Vermieter grundsätzlich die Pflicht zur  Gebrauchsüberlassung, während der Mieter grundsätzlich das Risiko, dass er die gemietete Sache wie geplant verwenden kann und während der Dauer der Mietzeit tatsächlich benötigt (Verwendungsrisiko) trägt. Ebenso trägt der Mieter das wirtschaftliche Risiko, dass  er die Miete bezahlen kann und z.B. hinreichend viel erwirtschaftet, um die Miete zu zahlen. Davon abzugrenzen sind Umstände, die sich auf die konkrete Lage und Beschaffenheit der Mietsache beziehen. Dies ist der Fall, wenn das Mietobjekt als solches nicht die Voraussetzungen erfüllt, um etwa als Ladengeschäft oder Restaurant genutzt zu werden. Dies ist jedoch im Falle von Schließungen auf  Grund der COVID-19-Pandemie in aller Regel gerade nicht der Fall. Vielmehr kamen die Entscheidungsträger in der Politik zu dem Ergebnis, dass eine Eindämmung der Pandemie erfordert, dass möglichst wenig direkter sozialer Kontakt zwischen Menschen erfolgt. Dieser direkte Kontakt findet nach Einschätzung der Verantwortlichen u.a. üblicherweise in Ladengeschäften und in Restaurants statt, weshalb die Schließungsverfügungen ein probates Mittel der Pandemiebekämpfung sind. Diese Erwägungen treffen im Regelfall völlig unabhängig vom Mietobjekt zu.

Weiterhin muss die Veränderung im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unvorhersehbar sein. Dies ist bei einer COVID-19-Pandemie, wie der vorliegenden, zweifelhaft. Einerseits wird man sagen können, dass wohl keiner noch vor einigen Monaten ernsthaft vorhersehen konnte, dass ein Shut-Down wie gegenwärtig erfolgen kann. Andererseits ist eine Pandemie als solche durchaus ein vorhersehbares Ereignis. Zahlreiche Experten warnen ja schon lange vor den Auswirkungen einer Pandemie. Auch gab es  vor COVID-19 Epidemien, auch wenn die Auswirkungen nicht so gravierend waren.  § 313 BGB setzt dabei voraus, dass die Parteien  eine abweichende Regelung getroffen hätten, hätten sie die Pandemie und die sich daraus ergebenden Folgen vorhergesehen.

Dies erscheint im  Gewerbemietrecht durchaus zweifelhaft. Gewerbemietverträge sehen selten in solchen Fällen Mieterleichterungen vor, solange nicht das Mietobjekt selbst betroffen ist. Daher hätte der Mieter wohl auch kaum einen Erlass der Mietzahlung im Falle einer Pandemie aushandeln können. Die Lage muss weiterhin für die Mieter unzumutbar sein. Hierbei kommt es auf die wirtschaftliche Situation des Mieters an. Dabei können die zahlreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Unternehmen helfen. Man wird wohl argumentieren können, dass die Lage für den Mieter dann nicht unzumutbar ist, wenn er sich Geldmittel zur Überbrückung z.B. durch die  gegenwärtigen Hilfsprogramme beschaffen kann.

2. Minderungsrecht

Ganz vergleichbare Erwägungen wird man anstellen müssen, wenn es darum geht, ob sich der Mieter auf ein Minderungsrecht berufen kann. Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter nach § 536 Abs.1 S.1 BGB für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung des Mietzinses befreit. Wesentlich ist daher, ob die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache zur Folge haben. Unter einem Mangel ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des  tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich Geschuldeten zu verstehen. Dabei können sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Gegebenheiten einen Mangel erzeugen. Hierbei wird es noch stärker als beim Wegfall der Geschäftsgrundlage auf den Einzelfall vor allem jedoch auf den konkreten vertraglich vereinbarten Mietzweck und die Risikotragung für das Vorhandensein behördlicher Genehmigungen ankommen.

Nach der bisherigen Haltung der Rechtsprechung wird ein Mangel, der zur Minderung führt, dann vorliegen, wenn die Schließung des Betriebs des Mieters objektbezogen ist. Eine Minderung wird nur dann in Frage kommen, wenn die Schließung auf der konkreten Beschaffenheit des Mietobjektes beruht und nicht auf die betrieblichen Verhältnisse des Mieters. Die gegenwärtigen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie werden aber nur im Einzelfall auf der konkreten Beschaffenheit des Mietobjektes beruhen.

18.03.2020 10:06

Corona-Krise: Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bereitet eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vor, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten. Als Vorbild hierfür dienen Regelungen, die anlässlich der Hochwasserkatastrophen 2002, 2013 und 2016 getroffen wurden.

„Bis zum 30.09.2020 soll die Insolvenzantragspflicht für betroffene Unternehmen ausgesetzt werden. Mit diesem Schritt will das BMJV dazu beitragen, die Folgen des Ausbruchs des Coronavirus für die Realwirtschaft abzufedern.“

Christine Lambrecht, Bundesministerin der Justiz,  zur Insolvenzantragspflicht für durch die Corona-Epidemie geschädigte Unternehmen:

„Wir wollen verhindern, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen. Die reguläre Drei-Wochen-Frist der Insolvenzordnung ist für diese Fälle zu kurz bemessen. Deshalb flankieren wir das von der Bundesregierung bereits beschlossene Hilfspaket mit einer Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 für die betroffenen Unternehmen. Mit diesem Schritt tragen wir dazu bei, die Folgen des Ausbruchs für die Realwirtschaft abzufedern.“

Die Bundesregierung hat angekündigt, verschiedene Instrumente zur Stützung der Liquidität von Unternehmen bereitzustellen, die aufgrund der Auswirkungen der Corona-Epidemie in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Es ist aber aus organisatorischen und administrativen Gründen nicht sichergestellt, dass derartige Hilfen rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht bei den Unternehmen ankommen werden.

Um zu vermeiden, dass betroffene Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die Bearbeitung von Anträgen auf öffentliche Hilfen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen aktuellen Lage nicht innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht abgeschlossen werden können, soll daher durch eine gesetzliche Regelung für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden. Voraussetzung für die Aussetzung soll sein, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen. Darüber hinaus soll eine Verordnungsermächtigung für das BMJV für eine Verlängerung der Maßnahme höchstens bis zum 31.03.2021 vorgeschlagen werden.

Quelle: BMJV

13.02.2020 17:31

Die Dauer des Insolvenzverfahrens wird kürzer werden

 

Zukünftig wird es möglich sein, Restschuldbefreiung bereits nach 3 Jahren zu erhalten.

Aktueller Stand im  Februar 2020:  Der Referentenentwurf zur Umsetzung der europäischen Richtlinie liegt vor. Die entscheidenden Änderungspunkte wurden jetzt durch das Justizministerium bekannt gegeben.

Es ist eine Zwischenlösung bis zur endgültigen Umsetzung vorgesehen.

Hierzu ist eine Stufenlösung geplant. Hintergrund ist, dass nicht erst solche Insolvenzverfahren von der rechtlichen Änderung profitieren, die nach der Umsetzung der Richtlinie beantragt werden.

In der Presseerklärung des Justizministeriums heißt es:

„Um einen geordneten Übergang von der geltenden sechsjährigen zur künftigen dreijährigen Restschuldbefreiungsfrist sicherzustellen, soll die Frist für die Restschuldbefreiung allmählich und kontinuierlich verkürzt werden. Das vermeidet die Ausbildung eines Verfahrensstaus bei Schuldnerberatungsstellen, Gerichten und Verwalterbüros. Zudem werden Ungerechtigkeiten vermieden, die entstünden, wenn die Frist von heute auf morgen verkürzt werden würde. Zwar kann es auch nach der vorgeschlagenen Regelung zu Mehrbelastungen kommen. Da mit diesen aber erst im Sommer 2025 zu rechnen ist, verbleibt hinreichend Zeit, um organisatorische und personelle Vorkehrungen zur Bewältigung zu treffen.”

Die Neubeantragung eines Insolvenzverfahrens soll dann erst nach 13 Jahren möglich sein

Auch bei dieser Gesetzesänderung scheint man zu befürchten, dass die Schuldner zu viele Vorteile erhalten könnten. Daher sind im Gegenzug auch für den Schuldner nachteilige Regelungen geplant. Der Zeitraum, ab dem eine erneute Restschuldbefreiung beantragt werden kann, soll in Zukunft von 10 Jahren auf 13 Jahre verlängert werden. Dadurch soll verhindert werden, dass eine Insolvenz die nächste ablöst und der Schuldner immer wieder neue Schulden macht und sich derer durch eine neuerliche Restschuldbefreiung entledigt.

In der Presseerklärung heißt es weiter:

“Die Verkürzung des Verfahrens soll nicht auch dazu führen, dass die Schuldnerin oder der Schuldner im Falle einer späteren Wiederverschuldung auch schneller zu einer zweiten Restschuldbefreiung kommen kann. Daher wird die derzeitige zehnjährige Sperrfrist auf 13 Jahre erhöht.”

Speicherungsdauer bei Auskunfteien:

Der Plan, die Speicherungsdauer bei Auskunfteien zu verkürzen, ist sinnvoll. Statt 3 Jahre soll es dann nur noch ein Jahr sein. Die Frist begann am Ende des Jahres, in dem die Restschuldbefreiung erteilt wurde, im für den Schuldner ungünstigsten Fall wurden die SCHUFA-Einträge also erst nach 4 Jahren gelöscht. Von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur vollständigen Löschung des Eintrages bei SCHUFA und anderen Auskunfteien, würde es dann nur noch 4-5 Jahre dauern. Zurzeit ist diese Dauer noch wesentlich länger. Für Schuldner, die nach 6 Jahren restschuldbefreit werden, vergehen zwischen Insolvenzeröffnung und Löschung bei der SCHUFA insgesamt 9 Jahre (6 Jahre ab Eröffnung + 3 - 4 Jahre bis Löschung). Diese Verkürzung ist sinnvoll.

Man kann aber ohnehin darüber diskutieren, ob überhaupt eine Speicherung über den Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung hinaus erforderlich ist.

 Die Presserklärung hierzu:

“Anlässlich der Richtlinienumsetzung sollen die Fristen für die Speicherung der Daten über das Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren durch Auskunfteien von drei auf ein Jahr verkürzt werden, um dem Schuldner oder der Schuldnerin nach Erteilung der Restschuldbefreiung einen neuen Start zu erleichtern.”

Verkürzung für Regel- und Verbraucherinsolvenzen

Dass die geplante Verkürzung der Verfahrensdauer nicht nur unternehmerische Insolvenzen betrifft (sogenannte Regelinsolvenzen) sondern auch Verbraucherinsolvenzen, wurde durch das Justizministerium erneut bestätigt.

“Der Referentenentwurf setzt die Vorgaben der Richtlinie nicht nur für unternehmerisch tätige Personen um, sondern auch für Verbraucherinnen und Verbrauch